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Fakten zur Aufführung 

EINE FRAU, DIE WEIß,
WAS SIE WILL

(Oscar Straus)
5. Februar 2015
(Premiere am 30. Januar 2015)

Komische Oper Berlin


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30 Rollen für zwei Darsteller

Die schöne Helena, Arizona Lady und überdies noch ein dreitägiges Operettensymposium in der ersten Februarwoche; die Komische Oper unternimmt in dieser Saison besonders viel für die lange unterschätzte leichte Muse. Jüngster Coup: die turbulente musikalische Komödie Eine Frau, die weiß, was sie will von Oscar Straus. Der österreichische Komponist, Jahrgang 1870 und seinerzeit einer der Größen im Operettengeschäft, steht heute im Schatten von Léhar, Kálmán oder Benatzky. Doch damals waren seine melodienseligen Wiener Operetten wie Ein Walzertraum oder Der tapfere Soldat und die für Fritzi Massary geschriebenen drei frech-frivolen Bühnenwerke Kassenschlager. Eine Frau, die weiß, was sie will, 1932 in Berlin uraufgeführt, steht am Ende dieser Reihe. Hauptfigur ist die Operettendiva Manon Cavallini, die von unzähligen Männern angehimmelt wird, darunter auch von Raoul, dem Schwarm ihrer Tochter Lucy. Die weiß aber gar nicht, dass Manon ihre Mutter ist und bittet sie erfolgreich, auf den Mann zu verzichten. Nach schnell vollzogener Hochzeit gilt es noch, weitere turbulente interfamiliäre Amouren durchzustehen, bis zum Happy End endlich das mütterliche Inkognito gelüftet wird.

Manon Cavallini ist ein Star, wie damals die Massary und heute Dagmar Manzel. Sie hat sich zur ungekrönten Berliner Operettenkönigin gemausert und stellt in dieser neuen Rolle ihre Klasse einmal mehr unter Beweis. Doch was heißt hier die neue Rolle? Gleich sieben verschiedene Figuren verkörpert sie. Denn Regisseur Barrie Kosky hat aus dem 30-Personen-Stück ein hinreißend schräges, perfekt getimtes Kammerspiel für zwei Solisten destilliert. Nach seiner überkandidelten Schönen Helena geht er in der Straus-Operette einen radikal anderen Weg, beschränkt sich auf eine minimalistische Kulisse und die Konzentration auf ein Darstellerduo. Vor dem geschlossenen roten Vorhang steht eine weiße Wand, an der zwei Kronleuchter befestigt sind, eine Tür dient für slapstickartige Auftritte. Statt des ursprünglich vorgesehenen großen Ensembles schlüpfen nun Dagmar Manzel und Max Hopp in sämtliche Rollen – was für beide einen irrwitzig schnellen Wechsel von Kostüm und Maske, von Geschlecht, Stimmlage und Alter bedeutet. Manzel als Manon, als Raoul, als Kammerzofe und greiser Lebemann, Hopp als Lucy, Theaterdirektor, Opernsängerin und gar als gesamtes Männerensemble bei einer Abendgesellschaft. Die Absurdität wird auf die Spitze getrieben, wenn Hopp gleichzeitig Töchterchen Lucy und deren Verehrer Maupreux gestaltet, und Manzel Raoul und Manon – beide sind halb als Mann, halb als Frau kostümiert. Es ist köstlich mitanzusehen, wie virtuos beide Künstler die rasanten Auf- und Abgänge meistern, wie zielgenau sie die Pointen setzen und mit welch überbordender Spiellust sie agieren. Und es ist ebenso köstlich anzuhören, wie großartig beide singen. Manzel serviert den Massary-Schlager Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben mit unwiderstehlicher Zweideutigkeit und kabarettistischen Zwischentönen, während sie bei Jede Frau hat irgendeine Sehnsucht zeigen kann, dass ihre Stimme noch mehr an Substanz gewonnen hat. Max Hopp erweist sich mit Charme und stimmlicher Eleganz vokal als ebenbürtig. Am Pult der beschwingt aufspielenden Instrumentalisten der Komischen Oper dirigiert Adam Benzwi die ins Ohr gehenden Chansons und Couplets von Straus mit swingender Lockerheit und ansteckendem Vergnügen.

Jubel, Trubel, Heiterkeit im ausverkauften Haus – und eine nette Geste am Schluss. Da holen nämlich die Solisten das hinter der Bühne schwer beschäftigte Ankleide- und Maskenbildnerteam vor den Vorhang und lassen es völlig zu Recht am Riesenbeifall teilhaben.

Karin Coper

Fotos: Iko Freese/drama-berlin.de