Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

COSÌ FAN TUTTE
(Wolfgang Amadeus Mozart)
21. Februar 2015
(Premiere)

Radialsystem


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

So machen es nicht alle

Mozarts Così fan tutte unter Beteiligung von syrischen Flüchtlingen: Wie geht das? Antwort gibt ein ungewöhnliches Musiktheaterprojekt, das nach der Stuttgarter Premiere im letzten Oktober und mehreren Gastspielen im süddeutschen Raum für zwei Aufführungen im Berliner Radialsystem angelangt ist.

Es beginnt im Sommer 2014 in Oggelsbeuren, einem kleinen Ort südlich von Ulm. Hier plant die Mezzosopranistin Cornelia Lanz eine Inszenierung von Così fan tutte. Zur gleichen Zeit treffen dort syrische Flüchtlinge ein und werden in einem ehemaligen Kloster untergebracht. Das führt zu einer ungewöhnlichen Idee. Die Opernleute, vertreten durch Cornelia Lanz, werden von der Gemeinde gefragt, ob Asylsuchende nicht an dem Projekt beteiligt werden können. Und was zunächst utopisch klingt, wird Wirklichkeit: Die Syrer werden in die Inszenierung mit eingebunden. Sie helfen beim Kulissenbau und dem Anfertigen der Kostüme, sie stehen aber auch auf der Bühne: in einem Vorprogramm mit kleinen Spielszenen und Monologen über das Schicksal als Vertriebene und während der Oper: als Choristen und Statisten, die Bewohner eines Asylantenheims darstellen.

Denn dort – Thomas Pfau hat die Räumlichkeiten naturgetreu nachgestellt – spielt die Inszenierung von Bernd Schmitt. Die Idee sei ihm gekommen, bevor er von der Nachbarschaft mit den Flüchtlingen erfahren habe, schreibt der Regisseur. Nun passt sie plötzlich zur Realität und – funktioniert. Weil Schmitt Mozarts Liebesprüfungen einleuchtend zum Aufeinandertreffen zweier Kulturen verwandelt hat. Wie das Heimpersonal Alfonso und Despina versucht, die beiden aus dem orientalischen Raum stammenden Paare zu „verwestlichen“, ist komödiantisch, ausgesprochen lebendig und nie überzogen realisiert. Einmal allerdings schlägt das Vergnügen in Betroffenheit um. Wenn nämlich die syrischen Mitwirkenden gemeinsam an die Rampe treten und statt des Originalchores im ersten Akt das heimatliche Paradies- und Friedenslied Janna anstimmen.   

Die sechs jungen Solisten fügen sich wunderbar in die Inszenierung ein. Anne Wieben als gefühlvolle Fiordiligi, Cornelia Lanz als sinnliche, stimmlich allerdings nicht ganz ausgewogene Dorabella, Yongkeun Kim als tenoral vielversprechender Ferrando, Florian Götz als viriler Guglielmo, Julia Chalfin als resolute Despina und Franz Xaver Schlecht als zynischer Don Alfonso: Sie alle spielen vital und glaubwürdig und singen mit Leib und Seele.

Der Dirigent Garrett Keast eilt hurtig und beschwingt durch Mozarts Partitur und setzt dabei beherzte Akzente. Das Orchester, das passend zum verbindenden Gedanken der Produktion aus Streichern des Kurpfälzischen Kammerorchesters Mannheim und Bläsern der Stuttgarter Symphoniker zusammengestellt ist, folgt ihm aufmerksam. Nur manchmal hapert es, wohl wegen der Seitenpostierung,mit der Koordination zu den Sängern.

Begeisterung und Anteilnahme im ausverkauften Radialsystem. Ganz am Ende ruft ein syrischer Darsteller zum Frieden auf und dankt für deutsche Unterstützung. Was uns Zuschauer bewusst werden lässt, dass es gerade solche Projekte sind, die zur Verständigung beitragen. Weitere Aufführungen wird es in Karlsruhe und im Rahmen des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Stuttgart geben.  

Karin Coper

 

Fotos: Baden-Württemberg-Stiftung Sebastian Marincolo