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Fakten zur Aufführung 

JENUFA
(Leoš Janáček)
20. September 2014
(Premiere)

Theater Augsburg


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Gefühl und Romantik statt Polemik und Tragik

Ich bringe Dich dem Herrgott!“ Schaudern geht durch das Premierenpublikum in Augsburg bei dieser Neuinszenierung von Leoš Janáčeks sozialkritischem Musikdrama. Die Küsterin, überzeugend dargestellt und gesungen von Kerstin Descher, zischt diese Worte der Verzweiflung mit einem starren unbestimmten Blick über die Köpfe. Peter Konwitschny hat seine Grazer Inszenierung mit dem Augsburger Ensemble neu einstudiert und adaptiert. Sein Bühnenbildner Johannes Leiacker braucht wenig, um Ambiente zu schaffen. Ein Tisch und ein Bett auf der Drehbühne werden das Zentrum der spannenden zwischenmenschlichen Handlung. Manfred Voss gibt dem Raum das passende Licht, grelle Wahrheit, weiches Leid, dunkles Verbrechen, und der Musik bleibt das erlösende Schlusswort. Bildlich wird auf dem Tisch gefeiert, am Tisch verhandelt und unter den Tisch die Tragik und Liebe gekehrt. Im Bett wird das Leiden ausgetragen, und Jenufa trifft bei der verzweifelten Suche nach dem Kind mit dem Tod zusammen. Das ist der ergreifendste Moment dieser subtil mit dem menschlichen Inneren arbeitenden Aufführung.

Der Tod erscheint in Form der Sologeigerin Jehye Lee, die das Traumgespräch der siechenden Jenufa erwidert. Sally du Randt ist eine starke, kämpfende Jenufa, die ihren Peinigern Steva und Laca verzeiht, beide auf ihre Art liebt und auch für die schlimme Tat und Härte der Küsterin Milde findet.  Stimmlich intoniert sie das Tschechische weich, bleibt lyrisch und auf die Mittellage ausgerichtet. Ji Woon Kim als Steva und Mathias Schulz als Laca bleiben farblos und stimmlich kraftlos.

Dirk Kaftan kehrt als musikalischer Leiter dieser Inszenierung nach Augsburg zurück, wo er mehrere Jahre Generalmusikdirektor war. Er feilt an den kraftvollen Ecken und Kanten der Musik Janaceks,  die expressive Rhythmik wird geglättet. Es erscheint eine harmonische romantische Klangwelt, die Dramatik und Tragik vermissen, dafür aber Gefühlswelten und Naturbilder erscheinen lassen. Hier treffen sich die musikalische Interpretation und das Regiekonzept. Gesellschaftliche Klassen- und politische Konflikte werden hier nicht zentral thematisiert. Das Leid der auf Schönheit ausgerichteten Liebe, Eifersucht und Gewalt als Ausdrucksform gewinnen Raum.  

Die Augsburger geizen nicht mit Applaus für diese innige und gelungene Ensembleleistung. Einmal mehr zeigt diese Aufführung, dass in einem gut abgestimmten, sich bestens kennenden Team aus Orchester, Chor und Solisten feine Klangkörper und hohe Qualität entstehen.

Helmut Pitsch

Fotos: A. T. Schaefer