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Fakten zur Aufführung 

FIDELIO
(Ludwig van Beethoven)
14. Oktober 2009
(Premiere: 27. September 2009)

Opernhaus Wuppertal
Wuppertaler Bühnen


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„Altvertrautes“

Das an Versprechen reiche Spielzeitheft der „neuen“ Wuppertaler Bühnen lässt eine innovationsreiche Opern-Spielzeit erwarten - Martinu, Rihm, Xenakis, Zemlinsky. Organisatorisch hat sich einiges verändert: es gibt keinen „Generalintendanten“ mehr, keinen „Generalmusikdirektor“, dafür einen „Intendanten Oper“ und einen „Chefdirigenten“. Und die Opernspielzeit beginnt mit Beethovens Fidelio.

Im Programmheft ist Günther Anders’ nahezu verzweifelte Suche nach dem Revolutionärem, dem Kampf für Menschenrechte in der Oper nachzulesen – nebst seiner Konstatierung von „Genuss-Piecen“: „Es fiel niemandem ein, zu jenen Szenen hinüberzudenken, die sich unterdessen außerhalb der Opernhäuser abgespielt hatten.“ Mittlerweile bestimmt die Suche nach der Ambivalenz der „Freiheits-Oper“ die Inszenierungen, z. B. in Dortmund, Erl und Detmold. Wuppertals Regie führender Opern-Intendant Johannes Weigand setzt auf das „Altvertraute“ – bestätigt Anders’ Vorwurf „Was braucht man noch eskapistische Kunstinhalte, wenn selbst Kerker sich dazu eignen, das Interieur eines Elfenbeinturms abzugeben?“ Putzig pubertär hänseln sich Marzelline und Jaquino, spießig agiert Rocco, karikierend ist ein eher bürokratischer Pizarro zu beobachten – und am Ende singt ein Festspiel-Chor den Gattenlieben-Hymnus vom Blatt. Stellt sich die Frage, was die Aufführung der Oper „bewirken“ soll, wenn sie als gescheitertes Werk denunziert wird?

Markus Pysall gelingt im ersten Akt eine hermetische Holzwand, die wie eine hochgestellte Schokoladentafel aussieht; schafft im Kerker-Akt ein säulenumstandenes düsteres Ambiente, das sich dann attacca durch Hochhieven der Säulen zur „Fest-Empore“ wandelt.

Florian Frannek (der „Erste Kapellmeister“ nach dem „Chefdirigenten“ Hilary Griffiths) setzt auf einen außergewöhnlich klangschönen Beethoven, verzichtet auf emotionale Eruptionen, lässt der Lust am Wieder-Erkennen vertrauter Melodien freien Lauf, vermeidet jegliche musikalische Härte, interpretiert einen Wunschkonzert-Beethoven - balsamisch, pastos, lyrisch; ein paar hektische Unsauberkeiten im Gefüge des Sinfonieorchesters Wuppertal stören den gefälligen Duktus kaum.

Zu hören ist ein überzeugendes Gesangs-Ensemble: Sabine Hogrefe gibt der Leonore animierenden Klang, beeindruckt mit einer ausdrucksstarken Mittellage und verfügt über genügend Kraft für dramatische Höhen. Martin Homrich ist ein konditionsreicher Florestan mit eigenem Timbre, attackiert die Höhen mit Verve. Mit Kay Stiefermann interpretiert der immer wieder zuverlässige Bariton einen eher verhaltenen Pizarro ohne Aggressivität, dafür mit aasiger Kälte. Michael Tews gibt dem Rocco behutsam-väterlichen Klang, bleibt verhalten in der kalkulierten Phrasierung. Banu Böke singt die Haustochter Marzelline mit prägnantem Klang, vermittelt mit schönem Ausdruck einen gebrochenen Charakter. Christian Sturms ausdrucksvolle Stimme steht für einen unbefangen-enttäuschten Jaquino. Miljan Milovic interpretiert den Minister als sanft festredenden Funktionär, intoniert mit einschmeichelndem Timbre. Der Chor der Wuppertaler Bühnen hat wenige Aktionen zu überstehen, spielt einen Chor – und singt einen perfekt abgestimmten Chor.

Das traditionell auf unaufgeregte Opern-Präsentationen eingestellte Wuppertaler Publikum genießt Musik und Gesang, ist beruhigt ob der provokationsfreien Darbietung - und „genießt“ das gemäßigte Pathos einer Opern-Legende. Mal sehen, wie sich die betuliche Stimmung auf die Ansprüche des neuen Jahres einstellt.

Franz R. Stuke

 










 
Fotos: Wuppertaler Bühnen