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Fakten zur Aufführung 

NABUCCO
(Giuseppe Verdi)
3Sat (4. April 2010)
(Premiere: 31. Mai 2001)

Wiener Staatsoper


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Kraft des Glaubens

Oper im TV: Bei 3Sat häufig eine lieblos produzierte und gesendete Dokumentation – allein begründet durch herausragende Sänger-Persönlichkeiten, ohne jeden Bezug zu aktuell relevantem „Musiktheater“. Der österliche Nabucco ist da ein Hoffnung weckendes Versprechen :

Günter Krämers differenziert mitleidend-verstehende Inszenierung des biblischen Epos von der babylonischen Gefangenschaft des Volkes Israel wird zu einem bewegenden Abend vor dem Fernseher. Krämer zeigt osteuropäische Juden in ihrer hermetischen, von innen und außen bedrängten Welt – verfällt aber nicht dem nahezu blasphemischen Irrtum, den Mythos von der Kraft des Glaubens zeithistorisch quasi dokumentarisch zu beschädigen. Die Personen leben ihre Rollen, stellvertretend für „ewige“ Schicksale in ihren beherrschenden Gefühlen und ihrem ambivalenten Handeln.

Auf der großflächig angelegten Bühne von Manfred Voss und Petra Buchholz mit viel Raum für die kollektiv strukturierten Chöre, zumeist in bedrohlichem Gegenlicht als Schatten zu erleben, entwickeln sich Szenen von bezwingender Intensität.

Die Kamera führt die „angebotenen“ Bühnen-Bilder mit ruhigen Wechseln von Totalen zu extremen Nah-Einstellungen zu bildschirmgerechter Ästhetik, vermeidet „schnelle Schwenks und harte Schnitte“, verzichtet souverän auf tv-übliche Mätzchen wie irrlichternde Zooms oder stupide Überblendungen, von Mätzchen wie unangemessenen Weichzeichnern oder Wischblenden ganz zu schweigen. Die TV-Bilder zwingen keine unmotivierten Sichtweisen auf, lassen – im Duktus von Musik und Bühnengeschehen – Zeit zum „optischen Verstehen“ des unaufhaltsamen Flusses der Bilder.

Die Fernsehaufzeichnung vermittelt einen phantastisch ausgewogenen Klang – lässt die Orchester-Tutti nicht übermächtig werden, gibt den so variablen Sänger-Stimmen Gelegenheit zu extremem Forte, lässt aber auch die Piani in ihrer Intensität hörbar werden: eine beachtenswerte Ton-Regie!

Das Wiener Staatsopernorchester wird von Fabio Luisi zu einem berührenden frühen Verdi-Klang geleitet – ohne brachiale Passagen, ohne dominierende Rhythmen, dafür die Sänger stimulierend begleitend, mit eindringlichen Passagen der musikalischen Solisten und Instrumentengruppen.

Das grandiose Sänger-Ensemble wird angeführt von Maria Guleghina als Abigail, der es bravourös gelingt, absolut kontrastierenden Gefühlen authentischen Ausdruck zu verleihen – dabei die stupenden Möglichkeiten des Belcanto nutzend. Leo Nucci verleiht dem Nabucco stimmliche Autorität. Marina Domashenko überzeugt als geradezu überirdisch liebende Fenena. Mio Dvorskys strahlender Tenor vertritt einen verletzlichen Ismael. Giacomo Prestias Zacharias besticht durch unbeugsame Artikulation. Der Wiener Opernchor fasziniert mit transparenter Kultur kollektiven Singens.

So weit, so gut. Doch sowohl im Videotext als auch auf der 3Sat-Internetseite werden Namen verschwiegen. Erst im vorbeirauschenden Abspann werden Manfred Voss und Petra Buchholz genannt, wird Anton Reitzenstein als Bild-Regisseur erwähnt, kann man ahnen, dass Wolfgang Fritz für den Ton zuständig war (den auf der Bühne oder den im TV ?) - und man erfährt, dass Marina Domashenko die Fenena gegeben hat (und nicht Mihaela Ungureanu – wie auf Videotext und 3Sat-Homepage zu lesen). Vom nicht genannten Datum der Aufzeichnung will man da gar nicht mehr reden.

Das alles ist mehr als schludrig – es sind Respektlosigkeiten gegenüber den Künstlern (wenn nicht gar Vergehen wider das Urheberrecht?); und es ist eine verdammte Missachtung der Zuschauer vor den TV-Geräten.

3Sat, der produzierende ORF und die Wiener Staatsoper sind gefordert, nachhaltig Abhilfe zu schaffen!

Franz R. Stuke