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Fakten zur Aufführung 

LA FAVORITE
(Gaetano Donizetti)
24. Februar 2003


Wiener Staatsoper

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Belcanto. Original
Von Franz R. Stuke

Belcanto - offenbar ein gängiges Missverständnis der Opernfreaks nach dem Motto ,Je kraftvoller das Hohe C, desto besser der Tenor'. John Dew engagiert sich mit Donizettis La Favorite (der französischen Version) für die Wiederentdeckung des "wirklichen" Belcanto: fioriturenreiches ziseliertes Singen ohne Forcieren und Dampf, Anknüpfen an die virtuosen Auftritte der Sänger in der Grand Opera. Dazu geht dieses opernhistorische Experiment auf die intimen Beziehungen zwischen Bühne und Zuschauern ein, wozu Thomas Gruber durch ein zweites Proszenium die Bühne näher an das Publikum bringt. Die Premiere lief offensichtlich nicht optimal, der "Ausfall bestimmter Instrumentengruppen" (Direktor Holender in der Sonntags-Matinee) spielte dabei eine Rolle und die Dewsche Personenführung fand nicht zu sooft bewunderten Intensität (Holender: "Moderner Aufputz, antik erzählt").

Ganz anders in der dritten Aufführung: Fabio Luisi hat als erfahrender Kapellmeister alles im Griff; er ist sicherlich kein Magier, doch umsichtig führt er das Orchester der Wiener Staatsoper durch Donizettis charakterisierende Feinheiten.

Dews Regiekonzept wirkt bezwingend-intensiv: die tragisch kontrastierten Protagonisten lassen die Macht der Kirche als gnadenlos aber auch als schutzbietend erscheinen, Gefühle werden als existentieller Ausdruck wahrnehmbar. Die extreme kommunikative Personencharakteristik mit sublim-ausdrucksstarker Gestik lässt die Wiener Titeldisplays vor jedem Sitz überflüssig werden!

Thomas Grubers kreuzbehangenes Bühnenbild pointiert den übergreifenden Focus des Dramas (erinnert dabei allerdings stark an Schrekers "Schmied von Gent" in Bielefeld), treibt die Ambivalenz des Christlichen im erbarmungslosen Kampf gegen die Mauren in Spanien nachhaltig ins Bewusstsein. Dazu gefühlvoll-emotionale Kostüme von Jose-Manuel Vazquez, die Gefühle auf höchstem artifiziellem Niveau vermitteln.

Giuseppe Sabbatini hat offensichtlich darauf gewartet, seine enormen virtuosen Qualitäten als Belcanto-Star zu präsentieren: da stimmen alle interpretierenden Verzierungen, da klingt es schmiegsam-klangschön mit zu Herzen gehender Anrührung. Violeta Urmona ist eine exzellente Leonor, voller Lyrik, aber auch mit aller tragischen Zerrissenheit. Carlos Alvarez besticht mit kraftvoll-ausdrucksstarkem Bariton, und die junge Genia Kühmeier besteht die Herausforderung der heiklen Eingangsszene mit Bravour.

Das Publikum folgt gebannt, sogar den nöhlenden Schmäh-Absondern fehlen die Pseudo-Argumente.

PS: Mit Mozarts "Totenmusik" vor stehendem Auditorium gedachte die Wiener Staatsoper dem verstorbenen Marcel Prawy - dem alleswissenden "Opernführer". Ioan Holender: "Nun haben wir keinen mehr, der uns sagt, wie es war!"