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Fakten zur Aufführung 

DAS RHEINGOLD
(Richard Wagner)
9. Juli 2008 (Premiere)

Nationaltheater Weimar


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Macht, Lust, Machtgewinn, Lustverzicht

Wäre es nur beim ursprünglich geplanten "Siegfrieds Tod" geblieben, hätte Weimar das Rennen gemacht. Als Dank für die Unterstützung war diese erste Fassung des Nibelungenstoffes vom verfemten Richard Wagner an den in der Klassikerstadt tätigen Franz Liszt gedacht. Als sich der Ur-Siegfried zur Ring-Tetralogie auswuchs, machte Wagner allerdings Liszt klar, dass für das Bühnenfestspiel Weimar nicht mehr der richtige Uraufführungsort sein konnte.

Aber durchaus selbstbewusst wurde nun am Deutschen Nationaltheater in Weimar die erste zyklische Aufführung des Ring des Nibelungen nach über 50 Jahren kurz vor die alljährlichen Bayreuther Festspielwochen gesetzt. Und Das Rheingold beginnt mit der frühen Fassung der Nornen-Szene aus Siegfrieds Tod, erzählt und nachgeplappert von drei Kindern.

Dieses Kinderspiel steht beispielhaft für das Weimarer Rheingold: Es ist ein intelligentes, kurzweiliges, aber nie plattes Spiel über Zwerge, Nixen, Götter und Riesen mit tieferer Bedeutung, das die Parabel über Macht und Lust, Machtgewinn und Lustverzicht in beeindruckend einfachen, auch witzigen und ironischen Bildern Gestalt werden lässt. So bindet sich Nibelung Alberich auf der Bühne die Knieschuhe an und wird damit zum Zwerg. Der Verzicht des Inszenierungsteams um Regisseur Michael Schulz und Bühnenbildner Dirk Becker auf vordergründige Aktualisierung im Börsen- oder Computer-Ambiente ebenso wie auf versponnenes Mysterienspiel wirkt ausgesprochen wohltuend. Wenn sich Alberich zum Beweis seiner Zauberkräfte in eine Kröte verwandelt, hüpft ein Kind im grünen Kostüm über die Bühne und wird von Göttervater Wotan und Feuergott Loge im Sack gefangen genommen. Etwas zu nüchtern fällt allenfalls die Unterwelt des "freudlosen Nibelheim" mit vier Containern aus, in dem Mime den Boden schrubbt. Ansonsten wird gedampft, gewabert, geblitzt und gefeuert, mit allem, was die Bühne hergibt.

Freia, die Göttin der Jugend, wird in Weimar nicht mit dem Goldschatz Alberichs zugestellt, sondern in Körben aufgewogen. Die trotz aller Märchenaspekte gewollte Des-Illusionierung wird gelegentlich übertrieben, wenn zum Umbau auf offener Bühne die Arbeiter ans Werk gehen. Das Schlussbild, als die neu erbaute Götterburg Walhall erstrahlt, bringt das Inszenierungskonzept mit der immer wieder gebrochenen Schönheit auf den Punkt: Wie aufgestellt zum Staatsfoto haben sich die Götter im Bilderrahmen ihres neuen, holzgetäfelten Saales versammelt.

Musikalisch lässt dieser erste Ring-Abend keine Wünsche offen. Es wird durchgehend mit großer Stimmkultur gesungen. Erstaunlich und bewundernswert ist, wie es dieses mittelgroße Haus schafft, fast alle Rollen gut aus dem eigenen Ensemble zu besetzen. Herausragend dennoch Tomas Möwes als intensiver Sänger-Darsteller des Alberich, sowohl in seinem Wahn als künftiger Weltbeherrscher wie in seinem Fluch auf den Ring. Ihm kaum nachstehend der Wotan von Mario Hoff mit seinem prägnanten hell timbrierten Bass-Bariton. Christine Hansmann gibt mit ihrem warmen Mezzo eine gediegene Fricka, Erin Caves ist mit seinem Tenor für den verschlagenen Loge vielleicht etwas zu stimmschön. Als Erda macht Nadine Weissmann trotz ihrer kleinen Rolle nachdrücklich auf sich aufmerksam.

Die Staatskapelle Weimar spielt unter ihrem scheidenden Generalmusikdirektor Carl St. Clair mit großem Wagner-Klang ohne Pomp, dabei immer differenziert, durchhörbar und auch in den großen Orchester-Aufschwüngen die Sänger nicht zudeckend.

Insgesamt ein Ring-Vorabend, der auf hohem Niveau Lust und Laune auf die folgenden Tage macht. Dafür spricht nicht zuletzt das hochkonzentrierte Publikum, das durch keinerlei Huster, Niesen oder Papierrascheln abgelenkt, gebannt das Bühnengeschehen verfolgte. Großer, mit Bravo-Rufen unterstrichener Beifall.

Axel Göritz
 




Fotos: Nationaltheater Weimar