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Fakten zur Aufführung 

DON GIOVANNI
(Wolfgang Amadeus Mozart)
21. Mai 2009 (Premiere)

Deutsches Nationaltheater Weimar


Points of Honor                      

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Eine musikalische Komödie

Er ist es, um den alle Gedanken kreisen: Don Giovanni, der allen irgendwie willkommene Verführer. Gehasst - und dennoch herbeigesehnt, da er die Erfüllung geheimer Wünsche verspricht. Karsten Wiegand und Lydia Steier zeigen Don Giovanni mehr als Objekt denn als Täter. Er wirkt wie ein manisch Getriebener, nicht so sehr als ein teuflisches Subjekt. Eigentlich wollen alle dessen „Viva la libertà!“ singen, trauen sich aber nicht: Elvira, die nach einem geordneten Leben strebt und dennoch auf wilde Leidenschaft aus ist; Anna, die ein inzestuöses Verlangen nach ihrem Vater hat, möchte Don Giovanni mit ihm verschmelzen. Und Zerlina kalkuliert: sie erkennt, dass eine Beziehung zu diesem „Edelmann“ für ihren eigenen gesellschaftlichen Aufstieg nützlich sein könnte. Don Giovannis Diener Leporello schließlich ist voll unterwürfiger, ja fast masochistischer Bewunderung.

Bärbl Hohmann baut zur Darstellung dieses Beziehungsgeflechts eine wunderbare Drehbühne, die in verwinkelte, nur durch Treppen und schmale Türen miteinander verbundene Räume unterteilt ist. So können die Szenen rasch wechseln und Figurenkonstellationen gut verdeutlicht werden. Den Höhepunkt bildet hier die Champagner-Arie, die Don Giovanni vor den sich schnell drehenden Bühnenräumen singt. In ihnen werden sämtliche Figuren als Standbilder ihrer Gemütsverfassung sichtbar.

Wiegands im Wesentlichen sexuelle Deutung lässt Don Ottavio und Masetto dabei weitgehend uninszeniert, benutzt sie zu derben Späßen, wobei leider auch wieder mal der Baseballschläger als praller Phallus penetrant lange zum Einsatz kommt – ein schon reichlich abgenutztes Mittel. Insgesamt jedoch wird ein ansprechendes, weil durchgehaltenes Regiekonzept präsentiert. Und bei aller Tragik, die in Mozarts Don Giovanni zweifellos steckt, bleibt in dieser Inszenierung jeden Augenblick spürbar, dass der Komponist explizit ein Dramma giocosa, also eine musikalische Komödie geschaffen hat.

Gesungen wird auf unterschiedlichem Niveau, wobei die Herren den Damen deutlich den Rang ablaufen. Larissa Krokhinas Donna Anna lässt eine wirkliche Figurenausdeutung etwas vermissen, bleibt recht glatt und an der Oberfläche. Da spürt Johanna Stojkovic der verletzten Donna Elvira intensiver nach, lässt aber immer wieder leichte Intonationsprobleme erkennen. Im Eifer des Gefechtes verrutschen ihr schon mal die Töne. Ulrika Strömstedts Sopran ist für die Rolle der Zerlina eigentlich schon eine Nummer zu groß, überzeugt aber durch lebendiges Fühlen und Sehnen. Philipp Meierhöfer singt den Masetto sicher und bringt ein für diese Rolle goldrichtiges Timbre mit. Yves Saelens als Don Ottavio glänzt mit vollem, leicht näselndem Tenor. Etwas mehr an Leichtigkeit und vielleicht auch an Zartheit – und er käme dem Ideal des Ottavio ganz nahe. Ein Ohrenschmaus ist der Komtur, wie Hidekazu Tsumaya ihn präsentiert: Sein wohltönender, raumfüllender Bass vermittelt mahnende Rufe und die Ruhe ausstrahlende Aufforderung zum Innehalten mitten im wilden Treiben. George Gagnidzes Bariton erfüllt alle Voraussetzungen für den Don Giovanni: durch alle Lagen hindurch bietet er eine ausgeglichene Stimme, mal warm schmeichelnd, mal kalt drohend. Die Krone aber gebührt der Darstellung des Leporello durch Renatus Mészár. Er verfügt über einen unglaublichen Farbenreichtum und vermittelt alle Gefühlsschattierungen von kindlicher Bewunderung bis zum Aufbegehren. Selten ist die Registerarie einmal so spannend, so vielschichtig zu hören. Zu Recht wurde Mészár mit besonders viel Beifall überschüttet.

Die Staatskapelle Weimar unter Enrique Mazzola spielte sauber, jedoch sprangen nicht immer Impulse aus dem Graben auf die Bühne - und von dort aus die erwarteten Funken wieder zurück ins Publikum. Das liegt womöglich auch an den im Großen und Ganzen eher gemächlichen Tempi, die Mazzola, von wenigen Ausnahmen abgesehen, anschlug.

Das Premierenpublikum in Weimar zeigte sich äußerst angetan und schenkte den Solisten, dem Chor und dem Regieteam reichlich Applaus.

Christoph Schulte im Walde

 








 
Fotos: Claudia Charlotte Burchard