|
Thomas Manns elegische Künstler-Novelle,
Luchino Viscontis morbider Film finden in Benjamin Brittens letztem Werk
(1973) ihre Opern-Alternative. Doch Mike Ashman wählt eine neue Lesart:
der selbstquälerische Aschenbach scheitert bei seinen Philosophien über
Wissen, Sinnlichkeit und Leidenschaft als Stationen in den Abgrund an
der trivialen Realität. Da gibt es statt der großbourgeoisen Nobelhotelgäste
eine lärmende Ballermann-Clique, und der engelsgleiche Tadzio ist ein
flegelhafter Lifestyle-Typ. So ergeht es eben unzeitgemäßen Intellektuellen!"
Überraschend, aber auch ob der frappierenden Konfrontation von existentieller
Not und plattem Alltag extrem nachdenkenswert.
Die Details akzentuierende Bühne Gideon Daveys verstärkt diesen Eindruck;
Höhepunkt: der venezianische Karneval mit ironisierenden Schwellköpfen
- zugleich Bild gewordener englischer ironischer Humor.
Das Limburgs Symphonie Orkest interpretiert Brittens musikalische Vielfalt
(eine perfekte Percussion-Gruppe!) unter James Lockart sehr präzise, und
deutet die verschiedenen Stimmungen sehr einfühlsam.
Mit Alan Oke hat die Opera Zuid einen Aschenbach von großer Stimmkraft
und höchster sängerischer Kompetenz gefunden, der von absolut stimmsicheren
und spielfreudigen Solisten (auch als phänomenaler Chor!) umgeben ist.
In der Schouwburg Maasport in Venlo - das Multifunktionshaus belästigt
durch permanente geschmacklose Musikberieselung in den Foyers und durch
Kühlschrank-Temperaturen der Klimaanlage - reagiert ein offenes Publikum
mit hohem jüngeren Anteil intensiv beobachtend und akzeptiert das kommunikationsstiftende
Angebot: Ist womöglich der Massentourismus die Pest, die das Leben Aschenbachs
in Venedig zerstört? (frs) |
|