Besuch im Opernmuseum
Italiens Schatzkammer ist schier unerschöpflich. Das gilt bei der Oper für den Reichtum an exzellenten Stimmen - aber nicht für Inszenierungskunst, Bühnenbild oder darstellerische Brillanz.
Wieder zu erleben beim Malta Opera Festival, bei dem das Teatro Comunale aus Cento mit einem entsprechenden „Falstaff“ gastiert. Der junge, auch filmerfahrene Regisseur Giovanni Dispenza versucht den Spagat zwischen Bühnennaturalismus und Spiel im Stil der comedia dell’arte.
Auf der Bühne befindet sich ein variabler Markentender-Wagen, zu öffnen nach vorn, verschiebbar zur Seite, durchaus assozierbar als Falstaffs Kneipe, Alices Salon und Zauberwald (Bühne: Caterina Ghisellini und Christiano Alberghini - als scenic und set designer obskur differierend benannt), doch ergibt sich kein schlüssiger Stilwille, höchstens die oberflächliche Kenntnis von Brechts Mutter Courage ohne spezifische Bedeutung.
Giovanni Dispenza überlässt die Akteure skurril wirkenden Bewegungen, klischeehafter Gestik und Mimik, ohne weder das Goldoni-Theater zu imitieren, noch den Effekt verfremdeter Darstellung zu erreichen. Den Sängern bleibt nichts an darstellerischem Ausdruck, als das Perpetuieren von Gesten, die seit Generationen als „museal“ obsolet sind.
Sängerisch reißen die Windsor-Weiber Valentina Coladonato als variable Alice, Francesca Bruni als jubelnd-erprobende Anna, Simona Forni als alt-begnadete Quickly und Luisa Mauro Partridge in der undankbaren Rolle der Meg Page das verfahrene Geschehen aus der Versenkung. Denn zwar gibt Francesco Marsiglia dem Fenton flexibel-ausdrucksvollen Verdi-Tenor, und überzeugen die comprimarii mit durchaus akzeptablen sängerischen Angeboten - doch bleibt der operntraditionell
agierende und intonierende Paolo Drigo als Sir John ein Fossil aus dem italienischen Opernmuseum. Der Manoel Theatre Opera Chorus (Leitung: Christopher Muscat) bietet in diesem irritierend-anachronistischen Geschehen eine stimmlich zuverlässige Konstante; das peinliche procedere Auftreten-Platzieren-Singen-Abtreten ist wohl der Regie anzulasten.
Dem Maltesischen Nationalorchester unter dem sehr motivierten Michael Laus gelingt ein authentischer Spät-Verdi-Klang, mit einer glaubwürdigen Umsetzung der individuellen Charakteristiken und ihrer orchestralen Möglichkeiten.
Im traditionsreichen Manoel-Theater versammelt sich ein internationales Publikum, das der Aufführung durchaus kritisch, aber mit Aufmerksamkeit folgt und am Ende den Besuch im Opernmuseum goutiert. (frs)
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