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Inszenierte Musik in Industrieräumen
gerät häufig zum beliebigen Spektakel vor imposanter Kulisse. Die Aufführung
von Schuberts "Winterreise" zeigt, wie es anders gehen kann. Hier passt
der Raum zum Werk. Die Heimatlosigkeit als zentrales Thema im Gedichtszyklus
von Wilhelm Müller findet ihr Abbild in den gigantischen Industrieskulpturen
einer vergangenen Epoche. Auch die Verdichtung der Seelenqualen in Schuberts
Musik kann man körperlich erleben, wenn man den gewaltigen Raum der Kraftzentrale
im Landschaftspark Duisburg-Nord im Halbdunkel "durchwandert" und in der
Arena eines Boxrings Platz nimmt.
Christine Schäfer sang eine überragende "weibliche Winterreise", kongenial
begleitet von Irvin Gage.
Die Inszenierung von Oliver Hermann, Bühnenbild: Momme Röhrbein, sieht
in dem Stück den Existenzkampf der vereinzelten Individuen: Boxring, projizierte
Porträts aus Fußgängerzonen, Fitnessstudios oder Flughäfen. Als Kontrast
dazu die utopischen Weiten von Himmels- und Schneegebirgen. Dichtung und
Musik sind jedoch bereits so bildmächtig, dass es schwierig ist, die Spannung
zwischen den inneren Bildern und den Videoprojektionen aufrechtzuerhalten.
Das Publikum feierte die Interpreten. (su)
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