Volks-Oper live!
Für unzählige Eingeweihte eine Selbstverständlichkeit, für Neulinge eine Offenbarung: Hinter dem wirbelnden Touristenzirkus am Harzer Hexentanzplatz liegt das Harzer Bergtheater: ein steiles Amphitheater, 1300 Plätze, Blick auf Wolken und die Vorharz-Landschaft. Allein im August 52 Vorstellungen mit zwölf Stücken – Operetten, Dramen, Kinderstücken, Musicals, Opern. Und jetzt die „Verkaufte Braut“ als Produktion des Nordharzer Städtebundtheaters Halberstadt: elementares Volkstheater auf baumbeständener Bühne mit wenigen bukolischen Requisiten und attraktiven Felsformationen. Das Orchester wettergeschützt unter den ersten Reihen der Ränge, das Ensemble lässt sich von der Nässe nicht beeindrucken – obwohl: manche Töne nicht verstärkt! – verwehen in der feuchten Natur.
Klaus Seifferts Inszenierung setzt auf die elementar-populäre Story, lässt die Widerborstigkeit und Subversivität des Volkes aufblitzen und vermittelt Freude am lustvollen Spiel.
Suse Tobisch hat keine Mühe mit einer natur- und volksnahen „Bühne“: die ständig vorhandene Spielfläche im gegebenen Ambiente mit typischen Requisiten.
Torsten Petzold dirigiert das Orchester des Nordharzer Städtebundtheaters – mit dem Rücken zu den Akteuren – mit Verve, akzentuiert die volkstümlichen Passagen der hinreißenden Smetana-Musik und verbreitet tolle Musik-Begeisterung.
Mit Kerstin Pettersson agiert eine Marie mit hartem Schmelz; Mark Janicello gibt dem Hans tenorale Strahlkraft; Klaus-Uwe Rein verleiht dem Kecal zu wenig Ambivalenz; Paul Batey ist ein variantenreicher Wenzel; Ensemble und – zu kleiner – Chor leben die volkstümliche Liebe zu lustvoller Freude am Menschlich-Allzumenschlichen.
Das heiter gestimmte Publikum geht sensibel mit und ist mit einem unterhaltsamen Nachmittag top versorgt. Wer fragt da nach tiefsinnigen dramaturgischen und musiktheoretischen Analysen. Volks-Theater eben – aber mit Widerhaken! Schade, dass es kein Programmheft gibt. (frs)
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