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Fakten zur Aufführung 

AIDA
(Elton John)
8. August 2009
(Premiere: 17. Juli 2009 )

FreilichtSpiele Tecklenburg


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Musical Top

Seit 85 Jahren gibt es die Freilichtbühne am Hang des Teutoburger Waldes, mit stimulierenden Ruinen-Resten, mit Plätzen für 2200 Zuschauern. In diesem Jahr steht u. a. eine Musical-Aida mit überragenden Gesangs-Solisten auf dem Programm.

Die großartig-expressive Zodwa Selele gibt eine stimmlich bravouröse Aida, mit darstellerischer Intensität und hinreißender Musical-Attitüde. Patrick Stanke ist ein Radames-„Modell-Athlet“, nutzt seine Chancen zu lyrischem Elton-John-Gesang. Willemijn Verkalk ist ein Musical-Star par excellence – erprobt als Elisabeth u. a. in Essen, präsent auf den europäischen Bühnen: als Amneris mit enormer Ausstrahlung, eine Virtuosin des strahlenden Musical-Sounds! Marc Clear als Zoser, Thada Suanduanchai, Mario Mariano als Amonasro, Ansgar Schäfer als Pharao und Milica Jovanovic als Nehebka vervollständigen mit faszinierender Intonation einen Musical-Klang auf höchstem Niveau.

Klaus Hillebrecht leitet das „unter dem Deckel“ sitzende Live-Orchester der FreilichtSpiele Tecklenburg zu glattem Klang, prononziert die vielen Instrumenten-Soli (Klavier, Flöten, Schlagzeug), interpretiert die Elton-John-Musik mit entsprechender Intensität – so wie der Chor zu gospelartigen Highlights gelangt.

Das gesamte Musical allerdings ist nur ein schlapper Abklatsch der Verdi-Aida: Ein lähmendes Bühnengeschehen mit nervenden Texten (Original von Tim Rice, deutsch von Michael Kunze), klippschulhaft erläuternden Dialogen, nicht frei von unfreiwilligem Humor, offenbar gezielt auf ein eher minder kompetentes Publikum – fast peinlich in der klischeehaften Anbiederung an ein gering eingeschätztes Verständnisniveau.

Geradezu schlicht-improvisiert die hölzern-unbeholfenen treppenförmigen Dekorationen von Susanna Buller, die erst in der Beleuchtung eine gewisse Imagination entwickeln – aber von acht bis halbzehn ist die Stimmung vom schwindenden Tageslicht bestimmt; die Bühnen-Gemäuer werden genutzt, geraten aber nicht zu atmosphärisch bestimmenden Elementen.

Dean Welterlens Regie wird mit der großen Bühne und den vorhandenen Strukturen nur partiell fertig – da wird statisch posiert, da verbleibt die Choreografie von Doris Marlis in stereotypem Einerlei, allein die Schlussszenen reproduzieren Rezepte bewährter Musical-Effekte.

Das Tecklenburger Publikum – angereist aus dem benachbarten Münsterland, aus dem Osnabrückischen, aus Ostwestfalen und aus den Niederlanden- ist aufmerksam bei der Sache. Doch verblüffen nachgerade naive Reaktionen auf Sprechblasen-Klischees - zudem hält auch eine vorhergehende begründende Durchsage viele Leute nicht davon ab, hemmungslos ihren Handy-Blitz zu aktivieren; und in der 13. Reihe sitzt ein Super-Proll neben mir, der wie auf Kommando zu Beginn der Aufführung seine Käsestullen atzt. Nahezu physische Bedrohungen als Reaktionen auf kritische Bemerkungen - das kann ja wohl nicht der Tecklenburger Auditoriums-Stil sein!

Franz R. Stuke