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Fakten zur Aufführung 

LA JUIVE
(Jacques Fromental Halévy)
16. März 2008 (Premiere)

Staatsoper Stuttgart


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Geschichtliche Ereignisse - und ihre bis heute währende Präsenz

Eines der erfolgreichsten Werke der Grand Opéra des 19. Jahrhunderts erlebte in Stuttgart seine Wiederaufführung. Ausgelöscht von den Nationalsozialisten, ist die Thematik von Halévys La Juive heute mehr als präsent, gerade weil sich die geschichtlichen Ereignisse und ihre bis heute währende Präsenz auf vielschichtige Art und Weise in der Oper verbinden.

Das erfolgreiche Regie-Duo Jossi Wieler und Sergio Morabito setzte somit nicht nur auf das Los der traditionsreichen Operngeschichte, sondern verwickelte die Handlung auch in einen höher liegenden Konflikt der Bilder. Identität und Geschichte wurden auf ihre Substanz hinterfragt und aufgebrochen. So konnte es schon mal passieren, dass ein Treffen von kostümierten Narren in eine derbe Prügelei zwischen Kirchenoberhäuptern ausartete. Das Quäntchen Ironie sollte der ansonsten überzeugenden Inszenierung aber nicht schaden.

Dreh- und Angelpunkt war das offen angelegte und wendbare Bühnengerüst von Bert Neumann. Hinter der realistischen Kulisse Konstanz’ trieben die Figuren ihr Eigenleben. Und gerade diese jeglichem Klischee fremden Charaktere verkörperten eine über alle gesellschaftlichen Konventionen hinausragende Humanität, die beeindruckte. Wunderbar buhlten die beiden Kontrahentinnen Eudoxie (Catriona Smith) und Rachel (Tatiana Pechnikova) um die Liebe des von Ferdinand von Bothmer innig intonierten Léopold und erlitten das ihnen auferlegte Schicksal mit dramatischer Intensität. Dies führte Liang Li als Kardinal de Brogni aufwühlend weiter und trieb Chris Merritt als der Jude Éléazar an die Grenzen seines Daseins.

Herausragend vermittelte auch der Chor der Staatsoper die starren Wendungen des kleinbürgerlichen Milieus. In mittelalterlichen Kostümen von Nina von Mechow sangen sie närrisch um die Wette und sorgten für spannungsgeladene Momente in der nicht immer fesselnden Komposition. Trotz dieser Momente wurde der junge französische Dirigent Sébastien Rouland zu Recht für seine Leistung gefeiert.

Ganz neu und doch im Sinne der Grand Opéra inszenierten Jossi Wieler und Sergio Morabito das tragische Schicksal der Figuren mit vielfältigsten Mitteln und beförderten das eindringliche Wesen der Oper ans Tageslicht.

Meike Knoche