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Fakten zur Aufführung 

DIE WALKÜRE
(Richard Wagner)
18. April 2008 (Premiere)

Opéra national du rhin Strasbourg


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Heißer Ritt auf karger Bühne

Wagner fasziniert auch unsere Nachbarn. Schon Theodor Heuss beschrieb in seinen Erinnerungen anschaulich ein Jugenderlebnis, wie er in Paris die „Meistersinger“ auf Französisch erfuhr. In Straßburg präsentiert jetzt die „Opéra national du rhin“ mit der „Walküre“ den zweiten Abend der „Ring“-Tetralogie in der Inszenierungs-Sicht von David McVicar, und der erste Bühneneindruck korrespondiert mit der leicht patinierten Aura des von Goldornamenten und rotsamtenen Sitzen geprägten Hauses: In seltsame Fetzen gehüllt, stiefelt ein recht schwergewichtiger Siegmund über die Bühne (Ausstattung: Rae Smith), deren anfängliche Leere nur von einem knorrigen Baumfragment begrenzt wird, in dem, wie sollte es auch anders sein, ein Schwert steckt.

Doch die Dinge entwickeln sich, vor allem deshalb, weil Marko Letonja, bis 2006 Chef in Basel, am Pult des konzentriert-stürmisch aufspielenden Orchestre philharmonique de Strasbourg zügig in die dramatisch-emotionalen Aspekte dieses mythologischen Weltenrätsels einsteigt und es damit in die Diesseitigkeit befördert. Also: Faszination Musik statt intellektueller Regie-Überfrachtung. Das passt, weil das Sänger-Ensemble von internationalem Zuschnitt attraktive Klänge ins Spiel bringt. Der aus Neuseeland stammende Simon O’Neill, erstmals in Straßburg zu hören, glänzt in heldentenoraler Stabilität und mühelos-kraftvollen Spitzen. Ihm zur Seite die liebende Sieglinde, die von der Irin Orla Baylan in facettenreicher Darstellung und sehr schön ausgezogenen Gesangslinien mit fast mustergültiger Textverständlichkeit punktet. In den innigeren Phrasen allerdings wird sie vom Orchester überdeckt. Jeanne-Michèle Charbonnet, die im Fach auch als Isolde zuletzt in Madrid glänzt, „ist“ die Brünnhilde. Ihre hochdramatisch geschärfte Partieführung, temperamentvoll und eindringlich, hinterlässt einen großen Eindruck. Viel Sympathie erwirbt sich die gebürtige Dänin Hanne Fischer mit ihrem pulsierenden Mezzo beim Debüt als Fricka.

Clive Bayley ist als Hunding eine gute Besetzung, er argumentiert in der eher statischen Personenführung aus rundem Bass-Fundament; Heldenbariton Jason Howard gibt stimmlich als Wotan ein großes Partie-Debüt ab, während ihn die Regie etwas eindimensional auf den konventionellen Speer fixiert. Doch sein schlichter Abgang zum optisch heftig zündelnden Feuerzauber, wenn er seiner Machtinsignien verlustig die Pilgerfahrt zur Innenschau antritt, hat effektive Anschaulichkeit. Der Knüller dieser Produktion jedoch ist der Walkürenritt, der an zugespitzter Wildheit kaum zu überbieten scheint. Die Ballett-Herren werden in glänzende Federstahlgestelle gezwängt und rasen, von den Walküren mühsam gebändigt und immer wieder sich aufbäumend, als stilisierte Pferde über die Bühne. Vorwärts gepeitscht bis zur Erschöpfung von der hitzig aufgestellten Musik. Dieses Bild bleibt wegen seiner archaischen Kraft und immanenten Gewaltsamkeit haften.

Heftiger Premierenbeifall. „Siegfried“ folgt am 30. Januar 2009, Claus Peter Flor dirigiert dann.

Eckhard Britsch