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Fakten zur Aufführung 

DIE OLYMPIADE
(Antonio Vivaldi)
9. Dezember 2007
(Premiere: 7. Dezember 2007)

Winter in Schwetzingen
Theater Heidelberg


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Verrücktheiten der Liebe

Locker-gelöst, menschlich-anrührend, voller kommunikativem Witz, musikalisch authentisch, sängerdarstellerisch hinreißend unbefangen – dabei konzeptionell intensivst vorbereitet, in allen theatralen Details stimmig und für ein sensibles Publikum durchaus nachdenkenswert: So präsentiert das Theater Heidelberg die deutsche Erstaufführung von Vivaldis „Olympiade“ (Venedig 1734) zum Barockfestival im Rokoko-Schlosstheater in Schwetzingen – ein faszinierend-lustvoller Hör- und Sehgenuss!

Die schönste Frau Griechenlands ist dem Sieger der Olympiade versprochen, doch da gibt es erotische Komplikationen. Der geplante Gewinner, sportlich inkompetent, wird durch seinen Freund ersetzt, der aber Liebhaber der ausgelobten Braut ist...

Klaus Teepe orientiert sich mit seinem Bühnenbild sowohl an den Möglichkeiten der Renaissance-Bühne mit Wolken-Plafond und wehenden Vorhängen, verweist mit perspektivisch orientierten Laufbahn-Kennzeichnungen auf den „Geist Olympias“ (im übrigen durchaus der griechischen Tradition entsprechend, die ja keine Stadion-Runden kannte). Drei permanent frech versetzte Klötze erinnern an das „Sieger-Treppchen“, und die karikierenden Kostüme Frank Blochings stellen die lustvolle Verbindung von ironisierter Antike und konventionellem Heute her.

Werner Pichler gelingt die spannend-spöttische Gratwanderung zwischen ernsthaft vorgetragener Lebensphilosophie – wie sie die Renaissance-Menschen wohl beschäftigte – und satirischer Distanz. Die „Verrücktheiten der Liebe“ werden zu einem Spiegel menschlicher Irrungen und Wirrungen, am Schluss zu einer schrägen Apotheose des Volkswillens gegen schicksalsbestimmtes Unterliegen des Herrschers (da hätte man sich noch einen selbstreferentiellen Hinweis auf das deutsche Theater als letztes feudales System gewünscht).

Jana Kurucová singt den verzweifelten Megakles („Rehakles“ kommt einem dabei in den Sinn) mit perlender Geläufigkeit – und wirkt als Mann maskiert einigermaßen satyrhaft -- wie auch Maraile Lichdi, die sich mit einem fantastischen Largo in die Herzen der Zuschauer singt. Alexander Schneiders Altus besticht durch ungemein reine Klangfarbe und ambivalente Emotionalität, Rosa Dominguez vermittelt die Liebesirritationen mit weich strömendem Alt, und mit Sebastian Geyer, Lilia Milek und David Otto sind Sängerdarsteller von größtem Einfühlungsvermögen und stimmlicher Kompetenz zu erleben.

Das Philharmonische Orchester der Stadt Heidelberg agiert unter dem einfühlsam leitenden Michael Form im Stile eines Barock-Spezialorchesters: der Klang wirkt ausgesprochen authentisch, die Abstimmung der Instrumente gelingt vollkommen, vor allem die tiefen Streicher vermitteln bewegende Emotion, und das angeschlagene Tempo wird konsequent bis zum furiosen Ende durchgehalten.

Nicht vergessen werden sollte bei allem Enthusiasmus für Musik, Gesang, Regie und Bühne die außerordentlich gelungene Übertitelung (Bernd Feuchtner, Ulrich Volz), die aus dem verquasten Metastasio-Text eine aktuelle Sprache macht – ohne sich platt anzubiedern!

Lustvolles Musiktheater – Schwetzingen sollte ein Ziel sein. Und wenn die örtlichen Verantwortlichen noch für nachvollziehbare Park-Hinweise sorgen könnten – des Jubels gäb’s keine Grenzen! (frs)

 






Fotos: Stephan Walzl