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Fakten zur Aufführung 

LA CLEMENZA DI TITO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
21. Juli 2010
(Premiere: 18. Juli 2010)

Manheimer Mozartsommer
Schloss Schwetzingen


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Ein Potentat als Antiheld

Mannheims charismatischer Generalmusikdirektor Dan Ettinger tut Mozarts Musik Ehre an. Beim Mozartsommer im Rokokotheater Schwetzingen spitzt er La Clemenza di Tito zu, setzt auf große Kontraste, lässt das Nationaltheater-Orchester gelegentlich auch explodieren, um dann wieder langsam-ruhige, ja verinnerlichte Passagen entgegenzusetzen. Das macht Sinn, aber Dan Ettinger hat den falschen Ort gewählt, denn das Rokoko-Theaterchen ist zu klein für seine großen Absichten.
Was den inspirierten Bühnenabend dennoch in keiner Weise in Frage stellt, denn das Konzept ist mitteilsam, und an die Übersteuerungen hat sich der Hörer schnell gewöhnt. Zumal Günter Krämer, der vor drei Jahren schon an nämlichem Ort Lucio Silla so sinnfällig präsentierte, eine Innenschau der Figuren, insbesondere des Titus entwickelt, die einen heftigen Gegenpart gebrauchen kann. Krämer interessiert sich in dieser Inszenierung wenig für Politik, auch wenn Mozart mit seinem „milden Kaiser“ durchaus ein gesellschaftspolitisches Signal setzen wollte, sondern zeigt die selbstquälerischen Zerrüttungen des Titel-Antihelden. Lothar Odinius ist dafür eine hervorragende Besetzung. Mit schlohweißem Haar sitzt er am Bühnenrand, zerdehnt grüblerisch die Rezitative; sein Sehnen gilt Freundschaft und Zuneigung, seine Realität indes die Einsamkeit einer Macht, die auf ihm lastet und ihm lästig ist.
Das Drama am Laufen hält Vitellia, der Marie-Belle Sandis mit hochdramatischem Mezzo alle Züge des Verzehrtseins vor Liebe und Enttäuschung mitgibt, die sie zur Intrige umsetzt und darin scheitert. In Sandis’ Partieführung spiegeln sich diese Charakterzüge heftig und streckenweise grandios. Die Überraschung des Abends aber bleibt zweifellos der junge, mit hellen, ja brillanten Koloraturen gesegnete Countertenor Valer Barna-Sabadus. Der Bulgare belebt den Sesto, der am Gängelband der Vitellia Rom und sich selbst ins Verderben stürzen will, in atemberaubender Manier. Doch auch der Altus Yuriy Mynenko als Annio, Katharina Göres als lichtvoll-verliebte Servilia und Frank van Hove als sonorer Publio bürgen für die Qualität des Ensembles.
Die schräg zulaufende Bühne von Herbert Schäfer mit kühl angerichtetem, signalhaftem Interieur bildet ein passgenaues Tableau für Krämers Sicht dieser Oper. Das Publikum war sehr zufrieden mit einer exemplarischen Sichtung der Dinge.

Eckhard Britsch

 







Fotos: Hans Jörg Michel