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Fakten zur Aufführung 

HÄNSEL UND GRETEL
(Engelbert Humperdinck)
31. Oktober 2008 (Premiere)

Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin


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Ein Märchen, detailreich erzählt

Ein Riesenknall, ein zuckender Blitz – auf einmal bevölkern sie die ganze Bühne, sind zu neuem Leben erwacht: all die Kinder, die Jahre hinweg draußen im Wald Opfer der bösen Hexe Rosina Leckermaul geworden sind. Erst kurz zuvor war das Weib selbst mit einem kräftigen Hauruck in ihren eigenen Backofen geflogen – tot, mausetot. Hänsel und Gretel sei Dank.

Engelbert Humperdincks Hänsel und Gretel als Erlösungsgeschichte, und das im Schatten von Richard Wagners gewaltigen Menschheitsdramen, die für Humperdinck und seine Generation einen kaum zu überbietenden Maßstab darstellten? So hoch hängt Regisseur Arturo Gama den Anspruch an seine Inszenierung keineswegs. Er macht, was man mit Humperdincks Erfolgsoper immer gut machen kann: er erzählt das Märchen. Und dies auf eine sinnlich wundervoll erfahrbare Weise, wozu ihm Mathias Rümmler ein ansprechendes Bühnenbild und farbenreiche Kostüme liefert. Hänsel und Gretel sind zwei Halberwachsene, Vati ist ein treu sorgendes Familienoberhaupt, aber Mutti hat die Hosen an – und schickt die Kurzen zur Strafe für nicht erledigte Hausarbeit in den Wald. Der Rest der Geschichte bis zum Happy End ist bekannt.

Dazwischen liegen zwei Stunden mit vielen kleinen Details, die auf der Bühne zu sehen einfach Spaß macht. Peter der Besenbinder auf seinem Nachhauseweg zum Beispiel. Auf dem Fahrrad sitzend wird er quasi zu einem bewegten Scherenschnitt. Dann die Geschwister im Wald, die riesige Früchte einsammeln, bis sie sich verirren und Nachtlager finden in Form eines überdimensionalen Teddybärs. Rührend! Anschließend die Traumpantomime: herrlich anzusehen mit weiß gekleideten Figuren, Riesen inklusive – und natürlich Engelchen, deren Flügel von Lichterketten illuminiert sind. Wenn anderntags die Sonne aufgeht und das Taumännchen seinen Dienst verrichtet, verschiebt sich an der Bühnenrückwand eine riesige Scheibe und gibt eine gülden strahlende Fläche frei.

Es gibt noch etliche solcher Details, die von dem liebevollen Umgang des Regieteams mit dem Stoff zeugen. Und davon fühlt sich auch das Schweriner Premierenpublikum äußerst angesprochen.

Am Pult der Mecklenburgischen Staatskapelle Schwerin steht Judith Kubitz. Das Vorspiel weckt Erwartungen: balsamische Streicher, butterweiches Blech. Diese Erwartungen werden den Abend über dann nicht ganz erfüllt, mitunter agiert der Streicherapparat leicht unsauber. Premierenanspannung?

Gesungen wird ordentlich. Gabriele Scheidecker in Doppelfunktion als Mutter und Hexe wirkt schauspielerisch etwas hyperaktiv, ihr Sopran recht metallisch. Katrin Hübners Sopran hinterlässt einen leicht flackerhaften Eindruck, macht aber aus der Gretel einen görenhaften Typ, der ganz gut passt. Frank Blees ist ein freundlicher, ein ganz menschlicher Vater mit kernigem Bass, der sich vor allem in der Mittellage besonders gut fühlt und gut anhört. Kaori Okita schlüpft viril in die Rolle von Sand- und Taumännchen. Vor allem aber ist es Sarah von der Kemp, die rundherum überzeugt. Sie spielt ausgezeichnet – und ihr Mezzo ist für die Rolle des Hänsels ideal: sehr ebenmäßig, schön gefärbt, voller Volumen und über alle Lagen hinweg sehr ausgeglichen. Diese Stimme allein lohnt den Weg nach Schwerin.

Christoph Schulte im Walde
 









Fotos: Silke Winkler