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Fakten zur Aufführung 

EIN SOMMERNACHTSTRAUM
(William Shakespeare/
Felix Mendelssohn Bartholdy)
30. Oktober 2009

Saarländisches Staatstheater


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Göttliches Vergnügen

Vorgesehen war für diesen Abend in der vorzüglichen Saarbrücker Reihe <echtzeit> Das Buch der Unruhe, Fernando Pessoas tiefgründiges, existentiell umtreibendes Meisterwerk, vielleicht das Klügste seit Descartes Pensées. Textauswahl und Musik von Michel van der Aa, gelesen von Klaus Maria Brandauer. Aus hausinternen, technischen Gründen musste die deutsche Erstaufführung (Uraufführung im Januar 2009 in Linz) auf die kommende Spielzeit am Saarländischen Staatstheater verschoben werden.

Burgschauspieler und Professor Brandauer kam trotzdem, gemeinsam mit dem renommierten GrauSchumacher Piano Duo, das Haus blieb ausverkauft und niemand unter den begeisterten Besuchern hatte das Gefühl, durch die Programmänderung auch nur das Geringste versäumt zu haben.

Der Meister im Straßenanzug, die Pianisten im Frack. Die Bühne minimalistisch. Der Flügel für Andreas Grau und Götz Schumacher. Zwei Hocker für den Mimen, dazu sein Stehpult. Der Hintergrund blau. Für mehr wäre kein Platz gewesen, weil ein Brandauer eine ganze Bühne ausfüllt, der Phantasie gekonnt aufhilft, Stufen ins Blaue baut. Mit einer Handbewegung erschafft er Räume, Proustscher Berma-Effekt in Vollendung, mit verschränkten Armen, denen nichts abweisendes anhängt, lauscht er der virtuosen Musik und macht aus der Bühne einen Konzertraum. Die göttliche Musik Mendelssohn Bartholdys aus Ouvertüre und Bühnenmusik zu Shakespeares vergnüglichem Sommernachtstraum, der breiter Raum gewährt wird, so meisterhaft vom Pianistenduo vorgetragen, in aller bukolischen Leichtigkeit, jauchzenden Verspieltheit, akrobatischen Versiertheit, mit unglaublicher Präzision, eingespielter Harmonie und interpretatorischer Finesse, dass man nicht weiß, was man sich mehr wünschen soll: Dass Brandauer nie aufhören solle oder die Musik. Drei auf Augenhöhe. Ein Saal, der den Atem anhält.

Der Sturm . Hinführungszitat: Wir, der Stoff, aus dem die Träume sind. Und schon nickt der Shakespeare-Interpret auf seinem abseitigen Stuhl ein. Doppelter Rahmen, wenn Zettel unter dem Piano erwacht. Phantasie und Realität gehen ineinander über. In aller Redundanz wird doch die ganze Sommernachtsgeschichte erzählt, mit deutlich höherem Unterhaltungswert als eine vollständige Wiedergabe mit verschiedenen Schauspielern. Mit seiner gebildeten Stimme gibt Brandauer den unterschiedlichen Charakteren ihren unverwechselbaren und eigentümlichen Ausdruck. Wenn er die Hände in den Taschen vergräbt, die Hose hochzieht, kommt die Eitelkeit des Kleingeistes auf die Bühne, die die Macht der Ober und Taxifahrer in der DDR erklärt und die der Blockwarte von einst dazu. Puck zwischen Selbstüberschätzung, vorauseilender Dienstfertigkeit und infantiler Unreife. Dann wieder verschmitzte Lausbübigkeit an der Grenze zum Pumuckl. Wenn der Erzkomödiant Demetrius das Hündchenbekenntnis mit kurzen Wuffs unterstreichen lässt, zeigt sich die Kunst des kleinen Drehs. Selbst in ihrer Verblendung bleibt Titania in dieser Interpretation Dame, die ebenso huldvoll wie gönnerhaft Gewährende. Oberon lebt seine Ungebärdigkeit und sein Ungehaltensein aus. Und Esel Zettel erzählt mit einem Griff an den Hosenstall eine ganze erotische Geschichte. Ein Kaleidoskop schauspielerischer Möglichkeiten, eine Welterschaffung aus Stimme, Mimik und Gestik, Ausfüllen des Raumes, Kunst der kleinen Schritte zur Öffnung eines weiten Feldes. Bevor uns Shakespeare Brandauer zu Bette und nach Hause schickt.

Ein großer Theaterabend, ein großer Musikabend, alles in <echtzeit>. Wie die Standing Ovations, die den Dreien begeistert entgegen gebracht werden. Die Freude des großen Brandauer und der virtuosen Pianisten ist nicht gespielt.

Frank Herkommer

Wertung Schauspiel: