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Fakten zur Aufführung 

LA TRAVIATA
(Giuseppe Verdi)
26. September 2009 (Premiere)

Volkstheater Rostock


Points of Honor                      

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Karan Armstrong und Catherine Cangiona

Karan Armstrong debütiert als Regisseurin, sie inszeniert am Volkstheater Rostock die Traviata. Mehr als zweihundert mal hat sie die Violetta auf den großen Bühnen der Welt glorios gesungen – nun die kompetente szenische Interpretation. Karan Armstrong versteigt sich nicht zur aggressiven Kontroverse mit dem „Regietheater“, erzählt vielmehr eine bewegend glaubwürdige Geschichte einer gnadenlos instrumentalisierten Frau, endet mit einem faszinierenden Schlussbild, einer Apotheose hoffnungsvoller Zukunft. Quirliges Bühnenhandeln, animierende Spielszenen, intensives Zusammenspiel, stimulierende Nebenhandlungen, stupende Übereinstimmung mit der Musik: Eine Inszenierungskonzeption die den Spannungsbogen hält, mit einer Vielfalt an Regie-Ideen überzeugt!
Catherine Cangiona, von Karan Armstrong am Opernstudio der Deutschen Oper Berlin „entdeckt“, spielt das Opfer Violetta mit leidender Hingabe, morbid-erotischer Ausstrahlung und zurückhaltender Gestik mit bemerkenswerter Bühnen-Präsenz. Ihr schmiegsamer Sopran trägt über Leidenschaft, Hilflosigkeit, Angst, Hoffnung, Verzweiflung mit außergewöhnlicher Klang-Schönheit, fasziniert mit stimmsicheren Höhen, verfügt über eine substantielle Mittellage und vermittelt nachvollziehbare Emotion par excellence. Eine große Hoffnung für die Zukunft! Der junge Brandon McReynolds interpretiert den Alfredo als unbedarften Liebhaber, bleibt im Spiel unfrei, singt mit hellem Tenor bemerkenswert rein ohne Forcierungen, es fehlt ihm allerdings noch die große Ausstrahlung. Olaf Lemme gibt einen skrupellosen Germont – der sich nicht scheut, die liebende Violetta schamlos anzumachen – und gibt diesem desaströsen Charakter angemessene stimmliche Präsenz: kontrolliert im Ausdruck, sicher in der eindrucksvollen Mittellage. Lucie Ceralová nutzt die von der Regisseurin gebotene Chance einer ambivalent-animierenden Flora mit lustvoller Darstellung und erfrischender Stimmkultur! Mit Christiane Blumeier-Braun als Annina, Titus Paspirgilis als Gaston, Nils Pille als Douphol, Michael Scarcelle als Marchese, Gerhard Stephan als Doktor und Matthias Noack als Diener beweist das Rostocker Ensemble seine Konkurrenzfähigkeit als beachtenswertes Opernhaus!
Niklas Willén leitet die aufmerksam reagierenden Musiker der Norddeutschen Philharmonie in glücklicher Übereinstimmung mit dem eindrucksvollen Bühnengeschehen, vermeidet Klang-Klischees, prononziert die lyrischen Passagen und gewinnt im Verlauf des Abends an überzeugender Sicherheit.
Martin Rupprechts Bühne verblüfft mit fantasievoller Nutzung von zweidimensionalen Fotos im Übergang von dreidimensionaler Bühnen-Realität – erzeugt optische Panorama-Eindrücke. Allerdings vermitteln diese Konstruktionen in den ersten Szenen das Bild eines gloriosen Ambientes, verändert sich erst danach im Wechsel zu Schwarz-Weiß zu bedrängender Melancholie. Fantasievolle Rokoko-Kostüme und geheimnisvolle, kaum entschlüsselbare bühnenfüllende Reproduktionen vermitteln allerdings einen diffus-intensiven Eindruck des unabweislichen Elends.
Das Rostocker Premieren-Publikum – viele weit angereiste Beobachter und Freunde Karan Armstrongs – ist sehr angetan von Bühne, Handlung, Gesang und Musik, feiert die Protagonisten mit Emphase – und erlebt eine sehr kommunikative Premierenfeier. Bleibt zu hoffen, dass Karan Armstrong weiter an Inszenierungen arbeitet, Catherine Cangianos Karriere erfolgreich verläuft - und dass dieser Triumph dem bedrängten Rostocker Volkstheater den entscheidenden Schub gibt!

Franz R. Stuke