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Der Hölle so nah
Es ist eine skurrile Geschichte. Der Teufel verlässt sein höllisches Domizil,
denn unter der Führung seiner Großmutter steht der jährliche Hausputz
an. Auf der Erde gibt er sich als Oberkirchenrat Teufel aus, stiftet Intrigen
und Verwirrung unter den Menschen und muss dabei feststellen, dass die
sich auch ohne sein Zutun teuflisch gegeneinander benehmen.
Detlev Glanert und Jörg W. Gronius haben aus der Geschichte von Christian
Dietrich Grabbe eine komische Oper gemacht, die ein Erfolgsstück geworden
ist. Regensburg ist die fünfte Bühne, die eine Neuinszenierung herausbringt.
Die Regie von Francoise Terrone (Kostüme) und Philippe Godefroid (Bühne)
macht den Teufel zu einem androgynen Zwitterwesen, einer Kreuzung aus
dem Onkel Fester der Adams Family und einer aufreizenden Nutte auf hohen
Hacken. Davon lassen sich Mann und Frau gleichermaßen verlocken. Dramaturgisch
könnte es sinnvoll sein, den Teufel auch dort, wo ihn die Musik verschweigt,
zum Zuschauer des Geschehens zu machen. Die Brutalität der Menschen würde
in seinen Reaktionen verdichtet, der voyeuristische Opernbesucher zum
Komplizen des Teufels.
Die Ausstattung und die fantasievollen Kostüme spielen mit Farben, Kindheitserinnerungen
und Absurditäten. Auf knallfarbenen Bauklötzchen rollen Herren in bayerischen
Lederhosen herein. Sie werden um die schöne Liddy kämpfen und dabei auch
vor dem Mord an 13 Schneidergesellen nicht zurückschrecken. Wenig Mitgefühl
zeigen sie mit dem designierten Nationalgenie Gottliebchen, einem Struwwelpeter
mit ellenlangen Fingernägeln, auf das der sadistische Schulmeister einprügelt.
Auch die vier weiß bekittelten Wissenschaftler kümmern sie nicht, obwohl
die sich den Kopf zermartern über der wichtigen Frage, wer der Oberkirchenrat
sei. Ihre Köpfe schwellen und platzen am Ende blutig auf. Die Regie unterstützt
Glanerts vielseitige, schnelle Musik mit entsprechendem Tempo und vielen
Pointen. Manche Figur, etwa das gekämmte Gegenbild zu Gottliebchen, mancher
Spaß, manche Anspielung bleibt aber Scherz, Satire, Ironie ohne tiefere
Bedeutung.
Glanert verlangt von den Sängern keine unsanglichen Lautäußerungen. Der
lyrische Tenor von Brent L. Damkier (Mollfels) darf mit dem sinnlich kühlen
Mezzo von Elvira Soukop (Liddy) beinahe eine Operettenliebe besingen.
Frank Valentins Countertenor ist durchdringend und gehaltvoll. Sein Teufel
hat Charme und Witz. Darin stehen Michael Doumas (Mordax), Markus G. Herzog
(Rattengift) und Jin-Ho Yoo (Wernthal) mit ihren bisweilen komisch pathetischen
Allüren nicht nach.
Guido Johannes Rumstadt dirigiert die Oper so, dass die Verständlichkeit
des Textes gewahrt bleibt (Übertitel hätten in den Ensembles dennoch nicht
geschadet). Die eröffnende halbe Stunde hätte mehr Tempo vertragen können.
Ansonsten klang die Partitur wirkungsvoll und farbenfroh.
Das Publikum klatschte euphorisch, was nicht nur nach der Anerkennung
einer sportlichen Leistung klang. Der Komponist bedankte sich freundlich
und gerührt. (frs)
Karten unter (0941) 507 24 24 |
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