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Fakten zur Aufführung 

FIDELIO
(Ludwig van Beethoven)
24. September 2004


Theater Regensburg




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Berührungslos

Es braucht wenig Mut, Beethovens Fidelio auf den Spielplan zu setzen. Das Werk steht über seiner Zeit und gewissermaßen über allen Zeiten, gibt es Unrecht und Hoffnung doch in jedem Menschenalter. Mut braucht es allerdings, Fidelio zu inszenieren. Da ist dieses Ungleichgewicht zwischen komödiantischem Marzelline/Jaquino-Ton und packender Tragödie Leonores und Florestans. Da sind die Brutalität Pizarros und die fast unbekümmerte Helfershelfermentalität Roccos. Diese Pole stehen sich auch in der Regensburger Inszenierung unvermittelt gegenüber.

Die Regie von Ernö Weil ist etwas mutlos. Kriechen die Gefangenen in schmutzigen roten Overalls mit ihrem Lied ,Oh welche Lust' zerschunden und kahl aus ihrem Loch, wird die Diskrepanz zu Roccos Heimeligkeit zwar offensichtlich, doch bleibt der Regisseur eine Positionierung der Welt Roccos und ein Bild der für die Leiden Verantwortlichen schuldig. Pizarro taugt dazu nicht, ist er doch eher als steifer Fiesling denn als gebietender Dämon inszeniert.

Ort der Handlung ist ein Gefängnishof. Die leider kürzlich verstorbene Bühnenbildnerin Dorin Kroll schönt seine unverputzte, leicht geneigte Ziegelmauer nicht. Scheinwerfer und Kameras, sowie eine umlaufende eiserne Balustrade vermitteln eine düstere Atmosphäre. Eine Festlegung auf eine bestimmte Zeit der Handlung ist kaum möglich, wenngleich die Kostüme das Heute andeuten. Etwas unglücklich gerät Florestans Kerkerbild, denn die vier riesigen Ketten aus rasselfreiem Kunststoff an seinen Gliedmaßen wirken eher albern als erschreckend.

An diesen Ketten hängend, überrascht Juuso Hemminki mit einer ausgezeichneten Fieberarie Florestans. Der Tenor teilt seine Kräfte klug ein, interpretiert weniger die Halluzination als die Erschöpfung Florestans und macht fast vergessen, dass es sich hier um Beethovens vielleicht schwerstes Stück Musik handelt. Ganz im Gegensatz dazu ist die Leonore von Gail Sullivan eine stimmlich hochdramatische Erscheinung, der man den starken Willen leichter abnimmt, als die Anflüge von Zweifel und Skrupel. Adam Kruzel gibt Pizarro donnernde Bassbaritonsalven, doch kaum etwas darüber hinaus. Trefflich Jóhann Smári Saeverssons Rocco, der die nötige Spur Schalk und Naivität hören lässt, die Katharina E. Leitgeb als Marzelline fehlen. Mit ihrer vibratoreichen, durchschlagenden Stimme ist sie für die Partie der verliebten Tochter nicht die ideale Besetzung und scheint sich stimmlich wie schauspielerisch nicht wohl zu fühlen.

Die musikalische Leitung von Alois Seidlmeier hat noch Potential. Vieles wirkte genauestens studiert und vermittelt, etwa die Hornpartien der Ouvertüre, die insgesamt profiliert und sauber kam. Dennoch lief manches zwischen Bühne und Graben aus dem Ruder, fehlte dem Stück der drängende gemeinsame Pulsschlag zwischen Orchester und Sängern.

Das Regensburger Publikum feierte die Premiere mit Ovationen. Wie hätte es wohl reagiert, hätte man es szenisch nicht mit Samthandschuhen angefasst? (tv)


Karten unter (0941) 507-24 24