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Fakten zur Aufführung 

DON GIOVANNI
(Wolfgang A. Mozart)
12. Februar 2006
(Premiere: 10.2.06)

Theater Regensburg

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In der Hochvolthalle

Beim neuen Regensburger "Don Giovanni" fühlt man sich wie in einer Hochvolthalle, da schlagen Lichtbögen über und verbrennen uns Hörer. Generalmusikdirektor Raoul Grüneis gestikuliert heftig, er peitscht das an diesem Abend ausgezeichnet spielende Orchester an, als ginge es wirklich um Leib und Leben. Schon die Ouvertüre distanziert sich von der düsteren, unheil verkündenden Haltung des donnernden d-Moll-Beginns nicht mehr. Heftige Akzente, dahinjagende Tempi und dynamische Wucht lassen das grauenvolle Ende Don Giovannis immer Verheißung sein. Sänger und Regie passen sich diesem rasenden Pulsschlag an. "Don Giovanni" wird in Regensburg zur ersten veristischen Oper. Dafür gibt es ungewöhnlich starken Applaus.

Angela Brandts Regie verzichtet auf eindeutige Zeitbezüge. Zwar wirken die Kostüme (Tanja Hofmann) und das funktionale, nur aus den drei schwarzen Hubbühnen und einem umlaufenden roten Ring bestehende Bild (Harald B. Thor) heutig. Doch, realistisch ist das Geschehen nicht, wenngleich Brandt die Vermittlung der Handlung durch Symbolisierung nur auf einer recht oberflächlichen Ebene vollzieht. Gesten, Mimik und Szenen zeigen vertraute menschliche Beziehungs- und Ausbeutungsmodelle.

Es geht um einen Mann, der sein Motto "Viva la libertà" kompromisslos lebt und dabei ziemlich unschuldige Frauen und Männer zu Opfern macht. Dieser Giovanni verbraucht aber nicht nur die anderen, sondern auch sich selbst im Alkohol- und Drogenrausch. Leporello, der wie sein Chef in gar nicht unschuldiges Weiß gekleidet ist, tut es ihm gleich. Erlebt Giovanni die Friedhofsszene nur im Delirium, sein Ende als Vision? Angela Brandt findet dafür eine dies immerhin andeutende suggestive Bildlösung. Der Komtur bleibt Schatten, die Höllenfeuer lodern aus dem Schnürboden und Giovanni tritt im Schlusssextett wieder auf, als Gast in der Proszeniumsloge. Typen wie er, diese beneideten und gehassten Menschenfresser, bleiben ewig.

Matias Tosi-Socolov singt nicht nur für seine 25 Jahre einen erstaunlichen Giovanni. Schon optisch verkörpert er mit seinen dunklen, südamerikanischen Locken den Macho perfekt. Sein dunkler, kraftvoller Bassbariton besitzt eine verblüffende Reife und enorme Beweglichkeit. Das kommt nicht nur den flotten Arien zu Gute, sondern auch den Rezitativen, die bei Tosi-Socolov eine mustergültig sprachnahe Natürlichkeit besitzen. In den Kantilenen könnte die Stimme etwas mehr Melos verströmen, ansonsten reißt sie das Publikum zu Recht zu Begeisterung hin. Jóhann Smári Saevarsson singt Leporello mit ironischem Biss und adäquat leidenschaftlich. Einen Tick zu leidenschaftlich legt Ulrike Maria Maier Donna Elvira an. Die Regie sieht in ihr die geschundene Schwangere mit offensichtlicher Neigung zur Hysterie. Schließlich verliert Elvira ihr Kind und wird verrückt. Maier investiert dafür eine Menge ihres schlanken, hell mädchenhaften Soprans, schrille Töne gehören zum Rollenbild. Im Gegensatz zum matten Kalle Koiso-Kanttila als Ottavio singt Katharina E. Leitgeb die Donna Anna mit sehr großem, dramatischem Ton. Während man daran zweifeln kann, ob diese Stimme für die Partie wirklich eine glückliche Wahl war, empfindet man Gesche Geiers (Zerlina) hinreißenden Unschuldston als geradezu beglückend. Martin-Jan Nijhof gibt ihren jähzornigen, schnell zuschlagenden Masetto mit heftiger Attacke und bietet ihr damit einen passenden Gegenpart. (tv)


Fotos: © Juliane Zitzlsperger