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Fakten zur Aufführung 

DON CARLOS
(Giuseppe Verdi)
26. September 2003 (Premiere)


Theater Regensburg




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Banalitäten unterm Heiligenhimmel

Was macht eine gelungene Inszenierung aus? Wahrscheinlich sollte sie den Nachdenkenden ebenso zufriedenstellen wie den Genießer. Am Theater Regensburg bietet Verdis "Don Carlos" allenfalls etwas für die visuellen Genießer, wenig aber für denjenigen, dem eine brave Schilderung der Handlung nicht ausreicht.

Regisseur Ernö Weil und Ausstatterin Dorin Knoll überschatten das durch schwarze Kostüme mit viel Tüll in dunkle Farben getauchte Geschehen auf der schrägen Bühne mit einem halbtransparenten nach hinten abfallenden Heiligenhimmel, der sich öffnet um König und Großinquisitor auftreten zu lassen. Dieser Himmel droht mit ständiger Präsenz die Macht der Kirche an, ohne dass diese Bedrohung in Weils Interpretation fühlbar gemacht wäre. Es mangelt an Einfällen, die wahre Empfindungen vermitteln. Weder die Freundschaft zwischen Carlos und Posa, die Liebe zwischen Carlos und Elisabeth noch die Eifersucht der Eboli waren glaubwürdig. Nur die Gestalt Philipps hatte durch den düster, verzweifelt agierenden Jóhann Smári Saevarsson echte Präsenz. Sonst gab es ausladende, kuriose Operngesten, deren man nach Minuten überdrüssig ist.

Auch mit dem Chor hat Weil schon vielseitiger gearbeitet. In der Ketzerszene (vom Dirigenten seltsam langsam angegangen) wird minutenlang wie im Park gelustwandelt. Diese Banalität konnte nicht erschüttern, da ihr der Bezugspunkt - das Elend der Verurteilten - fehlte. Man mag die Verbrennung eines Kreuzes am Ende der Szene als Symbol für die Opferung des Sohnes durch den Vater (Jesus - Gott, Carlos - Phillip) deuten, in der symbolisch kaum belasteten Inszenierung wirkt dies aber gleichsam als Ketzerei und damit als beißender Widerspruch.

Sängerisch stechen Adam Kruzel (Posa) und Gail Sullivan (Elisabeth) heraus. Beide verfügen über große Stimmen, kraftvoll, stabil und tragfähig. Jedoch verloren Kruzels leise Töne an Klangvolumen. Sullivan neigte zum Tremolo. Saevarsson legte mit rundem, vollem Ton in der anrührenden Klagearie Philipps ein überzeugendes Zeugnis seiner Gestaltungsfähigkeit ab. Mehr davon! Carola Guber (Eboli) profilierte sich im dramatischen Gestus der Abrittsarie, während sie anfangs stimmlichen Sexappeal vermissen ließ. Juuso Hemminiki gebührt Respekt sich den großen Schuh des Carlos angezogen zu haben, wenngleich mancher Linie die Homogenität fehlte und das Forte erheblicher Kraft bedarf.

Die Leitung von Guido Johannes Rumstadt konnte nicht verhindern, dass gerade der Chor gelegentlich aus dem Tritt geriet. Rumstadt ließ das Blech auftrumpfen, das den schmalbrüstigen Streicherklang bisweilen vollkommen erschlug.

Regensburg klatschte dieser Spielzeiteröffnung begeistert Beifall. (tv)