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Von Gott verlassen
Cavalleria rusticana und I Pagliacci sorgten in Regensburg für volles
Haus. Während die Sänger am Ende gefeiert wurden, konnte die Regiearbeit
nicht die volle Anerkennung des Publikums finden. Buhs und etwas dick
auftragende Bravi hielten sich schließlich die Waage.
Die Regisseurin Tatjana Gürbaca verlegt die Handlung der Cavalleria vor
das Dorf, in die düstere staubige Einsamkeit der ausgestoßenen Santuzza.
Für sie ist dieser sanfte, rötliche Hügel des Bühnenbildes von Ingrid
Erb ein von Gott verlassenes Golgatha. Entsprechend feiern die quälend
langsam aus ihren Erdlöchern kriechenden schwarz gekleideten Dorfbewohner
nicht Ostern, sondern Karfreitag. Mit Steinen, die sie drohend gegen die
exkommunizierte, halb kahl geschorene Santuzza richten, befestigen sie
ein großes Kreuz. Diese Bilder stehen freilich in herbem Gegensatz zur
fröhlichen Musik. Vielleicht wirkte der gute Chor deshalb etwas bemüht,
Feierlaune zu unterdrücken.
Die Männer scheint die Regisseurin allesamt zu verachten. Alfio ist ein
richtiges Schwein, das bei seinem Auftritt Lola und Santuzza wie billige
Nutten behandelt. Doch auch Lola scheut sich nicht, mit dem fahrigen Turiddu
zu dessen Trinklied mehr als nur ein Techtelmechtel anzudeuten. Am Ende
wird Turiddu von den Frauen kollektiv abgeschlachtet. Santuzza bleibt
teilnahmslos - alle sind Täter und Opfer. Eine passende, vielleicht etwas
überdeutlich vermittelte Botschaft.
Die Gaukler des Bajazzo betreten dann die bereits bekannte Szenerie. Im
Sinne der Bildökonomie und der beklemmenden Atmosphäre der Cavalleriabühne
ist die Einheitlichkeit geboten, nimmt aber visuelle Ermüdung der Zuschauer
in Kauf. Die Inszenierung des Bajazzo blieb nicht auf der Höhe der ersten
Oper. Die Leere des bekannten Raums wirklich zu füllen, gelang der Personenregie
kaum. Die Commedia bot schließlich kurzweiliges Porzellanpuppentheater,
das für den Schock des Mordens eine gute Folie abgab.
Leider gelang es dem Tenor Juuso Hemminiki als Canio nicht, sich frei
zu singen. Mancher hohe Ton hing auf der Kippe, klang gedrückt und ungesund.
Solche Probleme kennt die Sopranistin Mi-Soon Jang (Nedda) nicht. Im Gegenteil
sind ihre Aussteuerung, die saubere, weiche Linienführung und die Glöckchentöne
bisweilen fast ein zu perfektes Erlebnis. Der überragende Sänger des Abends
war, in der Doppelfunktion als Alfio und Tonio, Adam Kruzel. Sein bassiger
Bariton ist in den letzten Jahren zu einer warm glühenden, charaktervollen
Stimme gereift. Man muss froh sein, dass er Regensburg weiterhin erhalten
bleibt.
Mit Gail Sullivan hatte die Regie eine ideale Sängerin für ihre Intentionen
gefunden. Mit metallisch vibrierendem und starkem Sopran verlieh Sullivan
den geforderten extremen Gefühlen der Santuzza glaubwürdige Gestalt. Auf
die Männer konnte sie, wenn nötig, Töne wie Giftpfeile schleudern. Michael
Suttner gab überzeugend einen glatten Turiddu, an dem solche Anfechtungen
abrutschen müssen. Sein Tenor hat Stand, ist hell, meist frei und kaum
verschluchzt, massiert aber gelegentlich die Kräfte zu Lasten der Stimmgesundheit.
Im Graben lieferte Georgios Vranos ein schönes Beispiel für gezügelten
Verismosound. Das Orchester spielte vor allem die Cavalleria sauber und
akkurat, zeigte edlen Klangsinn und vermied grelle Blitze. Für mich die
angenehmste Überraschung des Abends. (tv)
Karten unter (0941) 507 24 24 |
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