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Fakten zur Aufführung 

LA BOHÈME
(Giacomo Puccini)
10. Juni 2003


Theater Regensburg



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Rodolfo ist der Kranke

Träume sind Schäume - Hirngespinste, luxuriöse Luftschlösser, voller Abgründe und Möglichkeiten. Kein Wunder, dass die Traumvision als Konzept der totalen künstlerischen Freiheit auf der Opernbühne ständig wiederkehrt. Spannend in ihren Möglichkeiten bietet sie aber auch die Rechtfertigung für allerlei Unsinnigkeiten. Der Traum als einzige psychologische und intellektuelle Rechtfertigung des Geschehens ist eine gefährliche Unterforderung der Vorstellungskraft der Zuschauer.

In Regensburg ist es Regisseur Joachim Rathke, der Puccinis "La Bohéme" als Traumvision des suizidgefährdeten Rodolfo imaginiert. Absinth, so heißt die Seuche, die im 19. Jahrhundert die Pariser Bohème infizierte, und der auch Rodolfo erliegt. So kommt es, dass er der Kranke, Mimi aber die Starke und Gesunde ist. Ihre Krankheit bleibt bis kurz vor Schluss ein Mysterium. Die erste Begegnung wird konsequenterweise von Mimi geleitet, die Rodolfo mit Kalkül und Raffinesse zu verführen weiß. Ein Rollentausch mit enormem szenischen Potential, das Rathke verschenkt. Wo der Absinth alles Denken benebelt, stellen sich keine Fragen nach weiteren Motivationen der Protagonisten. Es bleibt bei einer Millieustudie der Pariser Bohème des letzten Jahrhunderts.

Bühne und Kostüme (Dorin Knoll) leisten in ihrer billig wirkenden Beliebigkeit einen entscheidenden Beitrag zum Rauschzustand. Maskeraden, die an Satie und Verlaine erinnern, konkurrieren mit aufgedonnerten Flittchen und Abendkleidern der 1980er Jahre. Ein gewaltiger Kamin dient als Eingang zur Künstlerbude, zum Jahrmarkt und dem Lokal L'Enfer.

Katharina E. Leitgeb lässt mit dramatischer, kraftvoller Stimme keinen Zweifel an der inszenierten robusten Natur Mimis. Obwohl man die leicht angesetzten Höhen vermisst, ist ihre Vorstellung überzeugend. Neben Ilonka Vöckel als durchtriebener Musetta mit jugendlich schlanker und beweglicher Stimme, kann sich auch Jin-Ho Yoo (Marcello) spielerisch und stimmlich schön behaupten. Michael Suttner gibt einen steifen Rodolfo, dem Mimi fremd bleibt. Er stemmt die Partie stimmverschwendend und ohne auffällige dynamische Differenzierungen.

Bereits an der "Loreley" von Catalani geschult, konnte Guido Johannes Rumstadt sein Orchester zu einem satten, blechbläserlastigen, veristischen Klangrausch aufstacheln, der gelegentlich das Bühnengeschehen unhörbar machte.

Beifall für alle. Lag vielleicht an den heißen Tagen, dass er anfangs etwas spröde daherkam. (tv)