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Fakten zur Aufführung 

THE BEST OF DREIGROSCHENOPER
(Bert Brecht,
Kurt Weill)
11. Mai 2003


Ruhrfestspiele
(Festspielhaus
Recklinghausen)



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Musik

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Verstörend, unbequem

Fahles, graublaues Licht, Instrumente stehen herum, ein Mann tastet sich suchend herein, testet das Mikrofon, aus dem Zuschauerraum kommen die Musiker - eine Probensituation eben. Oder doch nicht? Jeder Zweifel daran schwindet schnell, wenn Dominique Horwitz, im grauen Anzug mit offenem Hemd, ins Scheinwerferlicht tritt. Rockige Sounds, fetzige Jazz- und feurige Latinorhythmen, Heavy Metal und Rap, elektronische Klänge und Effekte - ein neues, verstörendes Umfeld für die Songs aus der inzwischen im Stadttheaterrepertoire verbürgerlichten und zahm gewordenen "Dreigroschenoper" von Bertolt Brecht und Kurt Weill, die bei ihrer Uraufführung 1928 in Berlin einen Theaterskandal verursacht hatte.

Hits wie der "Ballade von der sexuellen Hörigkeit", dem Eifersuchtsduett, dem "Anstatt-dass-Song", der "Seeräuber-Jenny", der "Ballade vom angenehmen Leben" oder dem Morgenchoral des Peachum, um nur einige zu nennen, gibt der Schauspieler und Chansonnier Dominique Horwitz mit extrem wandlungsfähiger Diktion und expressiver Körpersprache, die für jeden Song einen eigenen Ton und Gestus findet, wieder einen provokanten Touch. Aggressive Klänge, sogar Schreie wechseln sich mit lyrisch-verträumten Tönen oder fetzig-lasziven Interpretationen ab - Bertolt Brechts Forderung nach Verfremdung als Waffe gegen saturierte Gleichgültigkeit wird durch die breite Palette und Nuanciertheit der Präsentationsformen, die Dominique Horwitz wählt, mitreißend erfüllt.

Der Stilmix verliert sich nie in Beliebigkeit; vielmehr verleihen die Arrangements von Jan-Christof Scheibe dem Programm einen experimentellen Charakter. Wer sich dabei auf die Story der Dreigroschenoper gefreut hat, wird allerdings enttäuscht: Dominique Horwitz und Christoph Hauptmann, die diesen Abend zusammen mit Jan-Christof Scheibe konzipiert haben, wollen eben gerade nicht den kanonisierten "Klassiker" Brecht nacherzählen, sondern präsentieren die altbekannten Songs in neuer Form oder stellen sie in neue situative Kontexte, moderiert von Dominique Horwitz, und thematisieren auch das Musik-Machen selbst.

Zusammen mit Matthias Pogoda am Klavier, dem Gitarristen Mirko Michalzik und dem Bassisten Johannes Huth sowie Martin Langer am Schlagzeug gestaltet Dominique Horwitz mit den Songs der Dreigroschenoper eine fulminante Bühnenshow.

Das Publikum im vollbesetzten Ruhrfestspielhaus war hingerissen und forderte mit rhythmischem Klatschen und Pfeifen Zugaben. (kf)


Foto: © Brinkhoff/Mögenburg