OPERETTÖS
In Pforzheim goutiert ein fröhlich-festlich gestimmtes schwäbisches Publikum eine operettöse Operette. Nichts ist mit Dekonstruktion, mit der Suche nach den Widerhaken in den Operetten, mit ästhetischen Experimenten. Lehár wird als Klischee-Lehár erwartet – und diese Erwartung wird trefflich erfüllt; entsprechend die zustimmende Verabschiedung der Beteiligten.
Thomas Mittmann inszeniert eine unproblematische Szenenfolge um den großen – in Wirklichkeit dämonisierten – Violinen-Magier als harmlose love-affair im Retro-Stil.
Walter Perdacher stellt bemalte Prospekte im Toscana-Stil auf die Bühne und steckt die Protagonisten in klischeehafte Kostüme.
Mit Lemuel Cuento ist ein kraftvoll artikulierender Tenor zu hören, dem die bekannten Tauber-Arien trefflich gelingen. Sofia Kallio ist eine exzellent-genregerechte Operetten-Diva mit flexiblem Sopran. Melanie Schneiders Bella erfüllt alle Soubretten-Erwartungen und Dirk Mestmacher zelebriert die Buffo-Exaltationen lustvoll mit komischer Grazie. Das gesamte Pforzheimer Ensemble lässt sich mit Verve auf die Operetten-Performance ein.
Wolfgang Müller-Salow verlässt sich nicht auf den Talmi-Glanz der gängigen Lehár-Wunschkonzerte. Das Städtische Orchester Pforzheim lässt durchaus krasse Töne hören, versteht die Einflüsse der Zwanziger-Jahre-Musik auf Lehárs Wirken und wirkt so wie ein Korrektiv im allgemeinen Wohlfühl-Theater. Ihr Konzertmeister Attila Barta brilliert mit virtuosen Paganini-Piecen! (frs)
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