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Lieblos alternd
1911, 1931, 1951: In Osnabrück altert die Zeit, altern die Protagonsten,
bleiben allein Oktavian und Sophie ewig jung. Michael Schult inszeniert
das "Altern als solches", reichert die Hofmannsthal-Dichtung durch larmoyante
Texte Sandor Marais an, reißt damit den melancholischen Faden individuell
auseinander, lässt die Personen zusammenhanglos nebeneinander auf der
Bühne stehen und krönt das inszenatorische Missverständnis mit peinlich
an Krückstöcken humpelnden Ochs und Marschallin.
Auch das Osnabrücker Symphonieorchester scheint von diesem Klischee unabweisbarer
Sentimentalität infiziert: Hermann Bäumer verweigert sich dem drängenden
Konflikt der effektvollen Strauss-Musik, schwelgt weder in den wienerischen
Harmonien noch kostet er die elektrisierenden Passagen mit ihren frappierenden
Dissonanzen aus.
Karen Fergusons Marschallin wird eben alt, singt ohne Vermittlung der
existentiellen Brüche einer frau, die ihr Altern verstört-akzeptierend
wahrnimmt. Sophie Marriley lässt niemals spüren, was denn an erotischen
Potentialen zu vermitteln ist, wenn der Octavian eine Frau ist, die einen
Mann spielt, der eine Frau spielt. So bleibt Marietta Zumbülts wunderbar
lyrische Sophie und ein Christoph Stephinger, der offenkundig Probleme
mit der Regie-Vorgabe eines zeitüberschreitenden Ochs hat, aber stimmlich-darstellerisch
überzeugen kann. Für das Ensemble bleiben ansonsten wenig dankbare Aktionen.
Das hat auch mit dem uninspirierten Bühnenbild von Jan Bammes zu tun:
Zeitbezug auf Teufel komm heraus, ohne Magie, ohne Intimität (zudem: 1951
als TV-Spektakel abzubilden geht an der Realität vorbei; in dem Jahr konnten
gerade mal Amerikaner die Anfänge der Glotzen-Faszination erleben, von
Videokameras ganz zu schweigen).
Das Osnabrücker Publikum erlebt kurz vor Schluss der letzten Aufführung
der Spielzeit den wunderbaren Auftritt eines Requisiteurs, der das langsam
ausklingende Finale nutzt, um Sophies Tuch von der Bühne zu holen. Doch:
die Stimmung ist gut; das Osnabrücker Theater hat einen großen Kern zustimmender
Fans. Und das ist schön! (frs)
Karten unter (0541) 323-3314 |
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