Regie-Oper par excellence
Peter Konwitschnys Titus-Inszenierung ist wie zielgenau konzipiert für die „neue Welt“ des Osloer Opern-Wunders: brillant erzählt, respektlos vor antiken Mythen, permanent im Kontakt zum Publikum. Das zauberhaft-einmalige Opernhaus bemüht sich um neue Opern-Freunde. Und es kommen Menschen, denen „Oper“ total fremd ist – die Verhaltens-Rituale, das Bühnengeschehen, Gesang und Musik als „Theater“; es überwiegen die Neugier auf das repräsentative Gebäude und der Stolz auf das grandiose Symbol norwegischer Kultur-Präsenz. Aber: Mozart, Konwitschny und Helmut Brade im imaginierenden Licht von Manfred Voß überzeugen die vielen Sitz-Nachbarn im heterogenen Publikum vom ernsthaften Unterhaltungswert der „Oper“ – Zustimmung pur, schon etablierte standing ovations!
Auf Helmut Brades genial-kommunikativer Bühne präsentieren sich die Elemente römischer Größe: Tempel, Tore, Säulen, Grab-Monumente – desillusionierend die Servilia-Küche und ein Toiletten-Häusl - eine Bühne der Skepsis gegenüber jeglicher Form der Heroisierung!
Peter Konwitschny zeigt im konfus-menschlichen Bühnenhandeln die Hintergründe der Haupt- und Staatsaktionen – in kongenialer Übereinstimmung mit Mozarts so charakterisierender Musik!
Den Norske Operas Orkester wird auf angehobenem Podium mit der differenzierenden Mozart-Musik ausgesprochen kommunikativ fertig. Rinaldo Alessandrini leitet mit exaktem Engagement ein farbenreiches Klang-Erlebnis, betont die subtil-nuancierten Spezifika der Charaktere – und ist ein stimulierender Begleiter der hoch engagierten Solisten.
Rezitative in Norwegisch, Arien in Italienisch: das Ensemble der Norske Opera präsentiert einen „volkstümlich“-genialen Mozart mit hinreißender Vitalität. Helge Rönning gibt einen irritiert-zweifelnden Titus mit darstellerischer Präsenz und stimmlicher Variabilität. Toril Carlsen verleiht der Vitellia Eifersucht und Liebe mit dramatischen Akzentuierungen. Hege Höisäter ist ein ambivalent-renitenter Sextus mit wunderbar gestaltender Stimme. Signe Sannem Lund und die quirlige Silvia Moi präsentieren das Paar Annius/Servilia mit überschäumender plebejischer Lust am Leben und singen mit beeindruckender Intensität. Magne Fremmerlid gibt dem Publius kraftvoll-musikalische Statur.
Wenn auch letzte Feinheiten des immateriellen Schwebens des Mozart-Ingeniums überspielt werden: Die Norske Opera wird nicht nur als einmaliges Gebäude oder als Partner internationaler Kooperationen eine Zukunft haben: Orchester und Ensemble lassen Großes erwarten! (frs)
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