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Folklore real
Smetanas "Verkaufte Braut" wird zumeist als folkloristisches Spektakel
zelebriert. Andreas Baesler zeigt in Oldenburg die betroffenmachende Relevanz
enger sozialer Systeme für das individuelle Leben. Er scheitert jedoch
im indifferenten Ausgang für den outcast Wenzel und dem unkritischen Happy-End
als Akzeptanz unbegriffen übernommener Normen.
Zuvor allerdings bietet das böhmische Gastro-Ambiente mit Kegelbahn, Kneipenatmosphäre,
hereingeschobener "Herrentoilette" und Bühne auf der Bühne von Harald
B. Thor einen fantastischen Handlungsraum (wie Leiackers geniale Adaption
einer real existierenden spanischen Kneipe für die Essener "Carmen").
Highlight: Die Vorstellung Wenzels in seinem Lebensumfeld durch Dia-Großprojektionen.
Die inszenatorische Intentionen der gebrochenen Charaktere findet jedoch
unterschiedliche Entsprechungen in den solistischen Darstellungen: Magdalena
Schäfer ist eine wenig inspirierte Marie, stimmlich viel zu hart, in ihrer
großen Versagens-Arie ohne emotionale Ausstrahlung, der Hans Niclas Oettermanns
wirkt wie ein weißrussischer Amatuer-Mafioso, ist stimmlich angestrengt,
ohne geschmeidige Legato-Leichtigkeit, allein Fritz Vitus Kecal überzeugt
mit doppelbödiger Attitüde und kernigem Bariton. Die comprimariie bewegen
sich routiniert, vermögen keine Akzente zu setzen.
Das Oldenburgische Staatsorchester wirkt unter Eric Solen zunächst sehr
konventionell - wohl auch bedingt durch den zwar intimen aber doch sehr
trockenen Klang im traditionsreichen Drei-Rang-Haus - verlegt sich auf
die dramatischen Passagen im dritten Akt der großartigen Smetana-Musik.
Das eher dröge Oldenburger Publikum folgt hoch aufmerksam, registriert
die vielen Inszenierungs-Gags (Wenzel auf dem qualmenden Trecker, die
wunderschöne Familien-Zirkus-Szene), fühlt sich durch das harmonische
Ende auch nicht provoziert, liebt seine bewährten Solisten und applaudiert
lang anhaltend. (frs) |
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