Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

PIQUE DAME
(Peter I. Tschaikowsky)
23. April 2005
(Premiere: 11.2.05)

Oldenburgisches Staatstheater

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


Tickets

(0441) 22 25 111

 

zurück       Leserbrief

Spiritualität und Dämonie

Markus Petsch ist ein Hermann par excellence: darstellerisch emotional bewegend, mit einem gefühlvollen Tenor, der geprägt ist durch eine kontrolliert-klangschöne Mittellage, verstärkt wird durch beeindruckend sichere Höhen mit gefühlvoller Phrasierung und zu einem Rollenporträt intensivster Ausstrahlung wird. Magdalena Schäfers Lisa verstört dagegen mit viel zuviel Tremolo und schrillen Höhen. Ariane Arcoja ist eine geheimnisvolle Gräfin, setzt ihre kalkulierte Kopfstimme spannungssteigernd ein. Das Oldenburgische Ensemble weist große Unterschiede auf: zu viele Ausfälle stören den Gesamteindruck.

Unter Alexander Rumpf interpretiert das Oldenburgische Staatsorchester Tschaikowskys Musik in selten gehörter Variabilität, vermittelt spannende Piano-Passagen und nutzt die Tempowechsel und dramatischen Steigerungen – auch in den bezwingenden Zwischenspielen – zu einem Triumph für die so oft als parfümiert diskriminierte Tschaikowsky-Komposition.

Gabriele Rech geht es nicht um die Probleme der Spiel-Sucht; sie versteht die „Karten“ als Metapher für die unergründliche Dämonie unterhalb gesellschaftlicher Mächte. Sie verlegt die Handlung – unaufdringlich „aktualisierend“ – in die Szene des nach-sowjetischen Oligarchen-Russlands. Opfer sind die Frauen, Hermanns Zukunft liegt im Verhalten der Szene, provoziert durch die geheimnisvoll-dämonischen Kräfte, die alle Systemwechsel überstanden haben.

Nicola Reicherts Bühne verweist auf die nach-sowjetische Situation mit einem perspektivistischen Kasernen-Bau, der sich nach außen öffnet und während der Szenenwechsel flexibel variiert wird. Bühne, Regie-Konzept, Darsteller und Musik korrespondieren imaginativ perfekt – steigern sich zu packender Spannung einer bedeutungsvollen Handlung.

Diese Pique Dame – auf Russisch gesungen! – ist in Oldenburg offenkundig „in“; die zwingende Betonung der Spiritualität, die immanente Problematisierung und die zupackende Spannung der Geschichte treffen offenbar die latenten Bedürfnisse eines atemlos folgenden – auch jungen – Publikums. Bemerkenswert: Das Oldenburgische Staatstheater gastiert mit dieser kultigen Inszenierung auch in Nordenham und Wilhelmshaven: die Oper kommt zum Publikum; die Voraussetzungen werden qua Inszenierung und Bühne geboten. Strukturwandel des Staatstheaters? (frs)