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Fakten zur Aufführung 

IL GIUSTINO
(Antonio Vivaldi)
4. Juli 2009 (Dernière)
(Premiere 17. Januar 2008)

Oldenburgisches Staatstheater


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Intrigenspiel

Vivaldis Giustino von 1724 ist schon von der Entstehungs-Geschichte her ein „Pasticcio“ – Jahreszeiten-Themen tauchen auf, Arien vorheriger Opern werden verwendet, die eigentliche Intrigen-Geschichte wird zu einem illustrierenden Kaleidoskop des affektierten Feudalsystems. Und in Oldenburg verfremden die Dramaturginnen Anja Melcher und Katharina Ortmann das wuchernde Material zum lustvollen Spiel einer dekadenten Epoche. Katrin Knopp verzahnt die krude Story abgehobener Verwandtschaften, Feindschaften, Verrätereien und Intrigen in feudalen Konstellationen mit irritierenden Konflikten in Schauspieler-Beziehungen. Das wird zum lustvollen Spiel verunsicherter Gefühle in behutsam karikiertem Umfeld – nach dem Motto „So ist das Leben – und alles wird gut“.

Gespielt wird auf einer karg möblierten Spielfläche mit ein paar Felsen-Imitationen, einer umlaufenden Galerie (von der die gerade nicht beteiligten Protagonisten das Geschehen beobachten) und dem Orchester im Hintergrund. Gesine Kuhn demonstriert die Fähigkeit zum Erfinden kommunikativer Konstellationen.

Thomas Bönisch begleitet inspirierend auf dem Cembalo, dirigiert das Oldenburgische Staatsorchester zu einem locker-kommentierenden Klang – realisiert einen außergewöhnlich ausdrucksvollen Vivaldi-Klang, ohne platte Popularisierung, aber auch ohne den Versuch, akademische Allwissenheit zu demonstrieren. Vielmehr entwickelt das Orchester ein nachhaltiges Gespür für imaginierende Tempi, für kommunikatives Zusammenspiel, für schöne Instrumentensoli und für eine sensible Begleitung der SängerInnen mit subtiler musikalischer Akzent-Setzung.

Nathalia Senf gibt dem Giustino emotional-konsequenten Ausdruck, überzeugt durch präzise Intonation und rollengerechte Phrasierung mit einem hörenswerten Timbre. Martina Hambert-Möbius singt die Arianna mit viel melodischer Sensibilität und kommunikativer Überzeugungskraft mit klarem Sopran aus dem Orchester (die indisponierte Mareke Freudenberg spielt die Rolle mit liebend-zweifelnder Hingabe). Barbara Schmidt-Gaden gibt dem König Anastasio musikalisch-sensible Statur, Sarah Papadopoulou ist die verliebte Leocasta mit gefühlvoll-hellem Sopran, Tiina-Maria Enckelmann interpretiert den intriganten Amanzio trotz angesagter Indisposition mit souveräner Stimmführung; bleibt Thomas Burger die undankbare Rolle des Feindes Vitaliano, bei der er mit den Vivaldi-Koloraturen trotz einnehmender Vitalität einigermaßen zu kämpfen hat.

Die Dernière nach zwei Spielzeiten wird für viele Oldenburger Opernfreunde zu einem intensiv beobachteten Erlebnis – der Schluss-Applaus ist herzlich und lang anhaltend. Eine Demonstration der Verbundenheit der Zuschauer mit „ihren“ Sängern, „ihrem“ Orchester und „ihrem“ Theater. Toll! (frs)