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Fakten zur Aufführung 

FIDELIO
(Ludwig van Beethoven)
3. Januar 2009
(Premiere: 7. September 2008)

Staatstheater Oldenburg


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Privat - politisch

Transparente Vorhänge, den napoleonischen Empire-Stil assoziierend, brutale Macht-Symbolik, individuelle Irritationen, artifiziell-distanzierte Konstellationen, Verweise auf zu ahnende Motive, ein distanzierender Schluss-Chor: Erich Sidler präsentiert einen obskur-zerklüfteten Blick auf Beethovens Fidelio. Er zeigt in innovativem Gestus den Konflikt zwischen Herrschafts-Gewalt und individuell suchenden Intentionen mit eher psychologisch zu begründenden Motiven, arbeitet mit faszinierenden realistischen Symbolen, zeigt Menschen in ausweglos-unentscheidbaren Situationen, besteht konsequent auf stilisiertes Bühnenhandeln, vermittelt permanente Spannung – und setzt die Personen in lastende Beziehungen.

Bettina Latscha schafft einen durch transparent-kommunikative Vorhänge bestimmten ambivalenten Raum, in dem die Personen sowohl in ihren persönlichen Vorstellungen als auch in ihrer Gefangenschaft agieren können – souveräner Einsatz subtiler Mittel als Intensivierung komplexer Empfindungen ohne realistische Konkretisierungen.

James Bobby ist der ungehemmt gewalttätige Pizarro mit stimmlichen Ausbrüchen voller Kraft, aber in den längeren Passagen ohne großen Atem. Ihm zur Seite der faszinierende Einfall des Abends: ein permanent aggressiver Kampfhund als Symbol animalischer Brutalität, grandios gestaltet mit allen bedrohlichen Gesten eines undomestizierbaren Raubtiers vom grandios agierenden Daniel Schütz!! Karen Leiber ist eine nach Identität suchende Leonore mit klar intonierendem durchsetzungsstarken Sopran ohne Heldinnen-Attitüde. Thorsten Scharnke - als indisponiert angekündigt – gibt den Gefühlszuständen des Florestan hoch emotionalen Ausdruck, beeindruckt vor allem im zweifelnden Finale mit flexibler Phrasierung. Andrey Valiguras interpretiert einen gutwillig-hilfreichen Rocco abseits aller Klischees, stimmlich-darstellerisch von bezwingender Authentizität mit sonorem, flexiblen Bass-Bariton – er wird zur handlungs-treibenden Figur! Sarah Papadopoulou und Thomas Burger sind das von der Regie vernachlässigte Paar Marzelline und Jaquino – stimmlich präsent, aber ohne sonderliche Intensität. Und dem souverän intonierenden Henry Kiichli bleibt nur die kommentierende Rolle eines die Geschehnisse resümierenden Ministers. Der Opernchor Oldenburg (Leitung Thomas Bönisch) spielt aktiv mit und beeindruckt durch variabel-ausdrucksstarken Gesang!

Bernhard Epstein dirigiert als Gast das spielsichere Oldenburgische Staatsorchester – fulminant in der Dynamik, sensibel im Zusammenspiel der Instrumentengruppen, aber nicht immer in konsequenter Harmonie mit der Bühne, doch in Beachtung der akustischen Problematik der historischen Opernhaus-Architektur.

Das Oldenburger Opern-Publikum ist offensichtlich verjüngt, lässt sich auf die verschlüsselten Botschaften der widersprüchlich-ambivalenten Inszenierung ein, reagiert emotional auf Arien, Ensembles und Chöre der genialen Beethoven-Musik. Da entsteht in Oldenburg offensichtlich eine neue Symbiose von Oper und Publikum! (frs)
 
 
Foto: Staatstheater Oldenburg