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Fakten zur Aufführung 

FREIHEIT! GLEICHHEIT! BRÜDERLICHKEIT!
(nach Georg Büchner und Federico Fellini)
16. Oktober 2007
(Premiere: 13. Oktober 2007)

Gasometer Oberhausen
Theater Oberhausen


Points of Honor                      

Musik

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Gesang

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Regie

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Bühne

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Publikum

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KEIN ORT FÜR MUSIK

Johannes Lepper geht den Konflikt um Utopien, Schreckensherrschaft und individueller Selbstverwirklichung in gewaltfreier Gesellschaft radikal an. Er kombiniert, integriert, kontrastiert die Ideen, Handlungen und Personen von Büchners Dantons Tod mit Fellinis Orchesterprobe. Der revolutionäre Terror mit Robespierres Moral-Diktat trifft auf das Kunst-Chaos, das in der Zerstörung um seine Existenz kämpft.

Das ist keine Oper, das ist kein Musiktheater -- es gibt keine Musik (von einigen Instrumententönen abgesehen), es gibt kein Orchester, es gibt keine Sänger. „Dies ist kein Ort, an dem man Musik macht“ heißt es im Stück -- und doch: An diesem Ort wird zwar keine „Musik“ gemacht – doch der Ort ist die „Musik“ selbst: Es ist der 1929 erbaute, 120 Meter hohe und im Durchmesser 70 Meter große Gasometer, der in seiner schwarzen Leere die „Musik“ erzeugt – und damit Büchner-Texte und Fellini-Kommunikation in völlig neue Deutungs-Dimensionen führt.

Hall und Echo, fast unerträgliche Lautstärke und „brüllende“ Stille, permanente Eigengeräusche und an- und abschwellendes Rauschen außen vorbeifahrender Züge vermitteln Klangerlebnisse der besonderen Art.

Die Reden Robespierres (Michael Witte) erhalten eine neue Dramatik durch abrupte Klangausbrüche, Dantons (Marek Jera) Rhetorik gewinnt neue kommunikative Dimensionen – die Doppelrollen (Danton/Dirigent, Robespierre/Klarinette) erhalten im martialisch-reduzierten Echo überzeugende Bedeutung.

Der scheinbar hermetische Gasometer mit seiner 5 Millimeter dicken Blech-Wand wird zu einem „Instrument“ der Transition menschlicher Stimmen, interner Akustik und externer Geräusche.

Das Ensemble des Theaters Oberhausen nimmt diese Herausforderung an, artikuliert im Sinne des „großen Instruments“, nutzt die akustischen Chancen bravourös.

Ein besonderes Lob gilt der Tonabteilung des Theaters Oberhausen; Matthias Wehde, verantwortlich für Planung und Durchführung dieses Projektes, setzt in diesem Furioso von Stimmen, Klängen, Tönen, Geräuschen wohl kalkulierte Möglichkeiten der elektroakustischen Verstärkung ein, die wesentlich die intensive Bedeutungs-Konstruktion bestimmt.

„Musiktheater“ im Gasometer -- darüber sollte nachgedacht werden: Wie korrespondieren Streicher, Bläser, Schlagzeug mit den Vorgaben des riesigen „Instruments“; wie lässt sich virtuoser Gesang integrieren? Wir warten auf Ideen! (frs)

(Anm. der Redaktion: So ungewöhnlich ist dieses packende Projekt, dass es dem Autor der Rezension unmöglich erschien, diesmal Points zu vergeben.)