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Fakten zur Aufführung 

DER TROUBADOUR
(Giuseppe Verdi)
24. Jaunar 2004 (Premiere)


Staatstheater Nürnberg




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Beliebiger Kriegszustand

Calixto Beito hat letztes Jahr in Hannover einen Skandal produziert, als er in seiner Trovatore-Inszenierung konsequent das Gewalttätige des Textbuchs nach außen kehrte und vergewaltigen, schlagen, quälen ließ. Auf einer dunklen Bühne der Desillusion mit einem maroden Kinderkarussell versuchte Inga Levant in Nürnberg ähnliches (Bühne und Licht: Giuseppe di Iorio).

Levant zeigt die Zigeuner als Punks und damit als moderne Außenseiter (Kostüme: Magali Gerberon). Doch diese Punks treten belustigt auf harmlose Menschen ein, die sich später als Urgels Leute herausstellen, mit denen Manrico verbündet ist! Freilich haben Punks ihre Fehler, doch schlagen sie keine Menschen tot. Den Troubadour und seinen unerkannten Bruder Lula macht Levant dafür zu prügelnden Skinheads. Was das für Manrico und die Beziehung zur Zigeuner-/Punkmutter Azucena bedeuten würde, zeigt Levant nicht.

Natürlich kann so ein Ekeltyp wie Manrico keinen Musiker abgeben. Dadurch rutschen Verdis Melodien aber ins grotesk Lächerliche ab. Das Verhältnis zwischen Lula und Manrico wird als alte Feindschaft konstruiert, die kindlichen Alter Egos hopsen kämpfend durch die Szene. Wären aber Manrico und Lula nicht als Kleinkinder getrennt worden, wüsste Manrico um seine wahre Identität und würde sich endlich anders verhalten. Eine ohnehin verwirrende Handlung durch beliebige intellektuelle Verachtung für Ideologien und bestimmte Menschengruppen als bloßen Kriegszustand weiter zu verwirren, ist keine Regieleistung.

Den immensen sängerischen Anforderungen wurde vollgültig nur Andrea Baker als Azucena gerecht. Die Mezzosopranistin bringt mit schnellem Vibrato und mal diabolisch schriller und mal dunkler Stimme den Furor der Zigeunerin auf die Bühne. Dagegen war der Lula von Sang Lee zwar ebenso stimmsicher, doch dynamisch eindimensional laut. Mit Lautstärke versuchte sich auch Jón Rúnar Arason durch die mörderische Partie des Manrico zu stemmen. Stets am Rande seiner Kräfte, verschliff er zahllose Töne und schluchzte viele verbleibende larmoyant an. Die hohen Cs waren da, doch bangt mir um Arasons Stimme. Carole Fitz Patrick hingegen disponierte geschickt und bot Ausdruck. Dass die Stimme zwischen mezzoforte und fortissimo meist ein wenig kühl wirkt, gleicht ein bisweilen zauberhaftes piano aus.

GMD Philippe Auguin ließ den "Ring" des vergangenen Jahres nachhallen, malte Verdi mit satt glühenden Farben und ausschwingenden Linien bei sehr sauberer technischer Ausführung durch das Orchester. Irritierend waren die Kunstpausen, die Auguin zur Spannungssteigerung einsetzte.

Das Publikum reagiert auf Auguin traditionell mit Begeisterung, doch feierte es auch die problematischen Sängerleistungen. Als Ausgleich zur ausgebuhten Regie war das mehr als verständlich. (tv)






Fotos: © Thomas Langer