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Fakten zur Aufführung 

SHOW BOAT
(Jerome Kern)
30. Juli 2005
(Premiere: 28.7.05)

Staatstheater Nürnberg

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Humane Show

Skeptiker werden hinter den angekündigten Aufführungen von Jerome Kerns Musical „Show Boat“ durch die Cape Town Opera am Staatstheater Nürnberg eines jener zweifelhaften Tourgastspiele vermutet haben, wie sie sich in Mehrzweckhallen allerorts präsentieren. Optimisten aber hofften, dass sich das Staatstheater mit nichts anderem als einem wirklichen Ereignis schmücken würde. Sie haben Recht behalten, denn „Show Boat“ ist eine hervorragende Produktion. Die Show ist ein farbig opulenter Südstaatentraum, die Schauspielerei gewitzt und abwechslungsreich, die Sänger sind Meister des Musicalfachs.

„Show Boat“ von 1927 (der erste Beitrag zum Musicalgenre) demonstriert aber nicht nur die Professionalität des Ensembles und der Techniker vom Kap, sondern erzählt auch ein Gleichnis zur jüngeren Geschichte Südafrikas. Die Bild- und Zeichensprache der Regisseurin Mannie Manim belässt das Werk zwar im Kontext der amerikanischen Südstaaten des 19. Jahrhunderts, doch sind die gezeigten Auswüchse der Rassentrennung leicht auf die Zeit des afrikanischen Apartheidregimes übertragbar. „Show Boat“ handelt von der geächteten Ehe zwischen der Mulattin Julie und dem Weißen Steve, vom Kulturverbot für Schwarze, von sozialem Abstieg und tragischem Scheitern. Ehrgeizig wird noch eine weitere Story hineingewebt, die des hoffnungslosen Spielers Gaylord Ravenal, der bankrott geht und seine Frau Magnolia mit Kind sitzen lässt.

Authentizität ist in dieser Produktion alles. Die Südafrikaner sprechen sogar den näselnden Südstaatenslang, den oft erst die Übertitelung verständlich macht. Man erinnert sich an Szenen aus „Vom Winde verweht“, wenn die füllige farbige Haushälterin Queenie auftaucht und ihren weißen Schützlingen die Leviten liest, oder der arbeitsscheue Joe sein Lied über den Lauf des allwissenden Mississippi anstimmt. Kaiser Nkosi singt das berühmte „Ol’ man river“ mit beeindruckend profundem, sonorem Bass, nach dem sich jedes Opernensemble sehnen dürfte.

Auch der Tenor Brad Drummer als Gaylord und die Sopranistin Angela Kerrison als Magnolia verfügen über opernhafte Stimmen, die sich im Musical als äußerst wandlungsfähig erweisen. Genevieve Benny will vielleicht den großen Jazzdiven das Wasser reichen. Mit rauchig bluesigem, stolzem und gefühlvollem Sopran macht sie die Julie zu einem echten Charakter. Beeindruckend ist auch der Opernchor aus Kapstadt. Die mehrheitlich schwarzen Sänger haben satte, glühende Stimmen, die sich zu enormer Wucht aufschwingen. Doch nicht nur sängerisch, auch tänzerisch gehört der Chor zu den Glanzlichtern.

Elegant und quirlig agiert das Orchester unter der Leitung von Günter Wallner. Dem ehemaligen Nürnberger Chorchef ist die Idee zu dieser weltumspannenden Zusammenarbeit, an der sich als Dritte im Bunde noch die Norske Opera Oslo beteiligt, mit zu verdanken. Nach Oslo wird „Show Boat“ Mitte August weiterreisen.

Das Publikum in Nürnberg ist restlos begeistert. Zu Recht, denn eine vergleichbare Qualität dürften selbst professionelle Musicaltheater nur an sehr guten Tagen zu Wege bringen, von deutschen Stadttheatern ganz zu schweigen. (tv)


Fotos: © Staatstheater Nürnberg