Ewige Musik
Olivier Tambosis einfühlsame Orpheus-Inszenierung ist eine Hommage an Musik und Gesang. Orpheus komponiert und singt seine Liebe und sein Leid, verteilt die Notenblätter an den Chor, ein Quartett spielt auf der Bühne, Amor und Eurydike sind – wie Orpheus – Sängerinnen, die dem Mythos gültig Stimme verleihen.
Frank Philipp Schlößmann baut weiße Stufen aus dem Graben, auf denen das Orchester sitzt. Er verdreifacht den Rahmen des Bühnenportals, assoziiert ein Spielen im selbstreferentiellen Mythos.
Die Nürnberger Philharmoniker sind hochmotiviert und bei aller bemerkenswerten Konzentration lustvoll musizierend. Guido Johannes Rumstadt geht Ouvertüre und Zwischenmusiken mit vibrierendem Tempo an, wechselt zu sensiblen Piano-Passagen und lässt den Abend zu einem Fest klarer, aktueller Gluck-Musik werden.
Marlene Mild gibt den Amor mit kecker Artikulation, famos in ihrer stimmlichen Variation mit klanglicher Präsenz. Der Eurydike verleiht Heidi Elisabeth Meier anrührend-elegischen Klang, bestimmt durch einen flexiblen Sopran, der auch in Höhen und Tiefen intensiven Ausdruck vermittelt. Mit Frances Pappas ist ein Orpheus zu hören, der die emotionale Macht des Gesangs authentisch werden lässt: samtweich in der Trauer, hart in der Verzweiflung, virtuos im Lethe-Gesang!
Wenn am – glücklichen - Ende das Orchester wie bei Haydns Abschieds-Sinfonie die Plätze verlässt, die Musik elektroakustisch (wunderbar ausgesteuert!) weiter klingt, dann springt der Funke endgültig auf das hingebungsvolle Publikum über. Eine denkwürdige Aufführung wird gebührend gefeiert. Glückwunsch zur Wiederaufnahme! (frs)
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