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Fakten zur Aufführung 

DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR
(Otto Nicolai)
15. Juni 2003 (Premiere)


Oper Nürnberg



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Wo das Dosenbier fließt

Ob es wohl Voraussetzung für die Beteiligung an diesen Lustigen Weibern von Windsor war, einmal in seinem Leben auf einem Campingplatz gewesen zu sein? Michael Beyers unterhaltsame Inszenierung macht es uns glauben.

Beyer und sein Team, (Bühne: Hans Richter, Kostüme: Ursula Renzenbrink) versuchen die Spießbürgerlichkeit der Gesellschaft auf Windsor-Camping zu entlarven, einer grotesken Abbildung kleinbürgerlicher Urlaubswelten. Seit an Seit stehen die großen Campingwägen von Fluths und Reichs, Geranien am Zaun, Waldi wacht im Häuschen, der Grill raucht krebserregend, Hinz und Kunz schlappen morgens ins schmutzige Waschhaus und gegen stechendes Kleingetier, das nicht in Mückenfallen verendet, hilft nur noch Angriff.

Damit illustriert Beyer die Oper als heutige Realsatire und verdeutlicht ihren zeitlosen Gehalt fern jeder zeigefingererhobenen Abscheu vor den Spießern. Gerade seine weiblichen Figuren geraten zu Sympathieträgern. Sie haben sich in ihrer banalen Umwelt mit Affären amüsiert eingerichtet, so dass Falstaff weniger der Verführer als der Verführte ist. Geschickt vermeidet Beyer in der finalen Sommernacht jede (dem Stück meist aufgepfropfte) pseudogesellschaftskritische Gewaltorgie gegen den armen Sir John. Wo Mücken den Schwerenöter malträtieren und auch die besoffenen Peiniger nicht verschonen, regiert ein liebenswürdig- menschenfreundlicher Blick, der sich harmonisch zum Stück fügt.

Frau Reich (Marina Proudenskaja) und Frau Fluth (Anne Lünenbürger) hätten unterschiedlicher nicht sein können: manisch Proudenskaja mit intensiv dunkler Alt-Färbung, sorglos Lünenburger, die nicht zu einer gleichmäßig hörbaren Präsenz in der Mittel- und tiefen Lage fand. Im Kammersängerton par excellence, warm und sonor bot Ks. Heinz-Klaus Ecker einen alternden Spätmacho John Falstaff. Die Show wurde der Feriengesellschaft aber vom hervorragend disponierten Nikolai Schukoff als Fenton gestohlen. Dessen Arie: "Horch, die Lerche singt im Hain" stieg zum umjubelten Glanzpunkt auf. Wer hat noch solche strahlend unangestrengten Tenöre?

Im Orchestergraben gelang Peter Selwyn vor allem im Kontrast der samtenen Streicherpiani und der betont schwerfälligen Fallstaffpassagen ein lebendiger Beitrag zum Bühnengeschehen.

Fast unverständlich, warum sich solch eine gewitzt-einfallsreiche Inszenierung nicht der einhelligen Bravos sicher sein konnte, sondern flache Buhwellen erdulden musste. Waren eingefleischte Camper anwesend? (tv)




Fotos: © Thomas Langer