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Fakten zur Aufführung 

DER LIEBESTRANK
(Gaetano Donizetti)
11. Oktober 2003


Staatsoper Nürnberg




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Leicht - sinniges

Placebo - auf diese von der heutigen Schulmedizin weidlich vernachlässigte Selbstheilungskraft durch Einbildung baut auch Gaetano Donizettis ,Liebestrank'. Was darin der etwas tollpatschig einfältige Nemorino vom Quacksalber Dulcamara bekommt, ist eigentlich nur die Sicherheit der hundertprozentigen Erfolgsaussichten, aber die wirkt, und wie.

Der Triumph des liebenden Naivlings ist ein sympathischer Zug dieser Oper, der uns auch in der netten Inszenierung von Alexander Schulin, die an diesem Abend nur gelegentlich noch mehr natürlichen Spielwitz vertragen hätte können, erhalten bleibt. Die Bauern in leichtem (Unter)Hemd freuen sich an den erotischen Tatsachen - viele hochhackige, schlanke Frauenbeine zulaufend auf ein zu knappes Höschen - die im Bühnenbild von Markus Pysall die gesamte Bühnenhöhe einnehmen. Hingegen die weiblichen Personen im geblümten Sommerkleid weiden sich an der überbordenden Männlichkeit eines Macho par excellence, Belcore, der seinen rohen Charme nach einem tiefen Atemzug an seiner duftenden Achsel versprüht, was die Damen klischeehaft aufquieken lässt.

All dies spielt sich ab in einem Hain großdimensionierter Feigenblätter und Früchte, Symbole des sexuellen Begehrens aber auch des Verbergens der Scham - ein Garten Eden. Doch "seid fruchtbar und mehret euch" ist nicht Nemorinos Losung, seine Liebe zur Lebefrau Adina ist aufrichtig unirdisch. Schulin lässt dementsprechend in ,Una furtiva lagrima' alle sinnliche Symbolik verschwinden und taucht die leere Szene in überirdisches Blau.

Treffsicher war die sängerische Leistung den szenischen Personencharakterisierungen angepasst, was im Falle von Nemorino nicht glücklich stimmen konnte. Dariusz Stachura mühte sich mit Intonationsproblemen und ineinander verlaufendem Legato durch die Partie, die im Einzelton tenoral strahlen konnte, aber insgesamt zu einheitlich blieb. Song-Hu Liu hatte es mit kraftstrotzender, durchdringender Stimme leichter, dem eindimensionalen Belcore Gestalt zu verleihen. Dies gelang ebenso überzeugend wie Bernd Hofmanns Darstellung des Dulcamara. Zu einem schwitzenden, glatten Vertretertypen im weißen Anzug, der über die Dummheit seiner Klientel eigentlich schon verzweifelt ist, passte ein robustes Singen mit schwach dosiertem Witz und Raffinesse. Umjubelter Star war Sabina von Walthers Adina mit vibratoreichem und tragfähigem schönen Sopran.

Das Orchester unter Jens Georg Bachmann spielte erfrischend rasant, für die Bühne nicht selten aber etwas zu laut. Das Klangbild wirkte im Gegensatz zur weißhellen Bühne arg dunkel. Auch hat man die Nürnberger schon wesentlich sauberer spielen hören.

Ein leicht - sinniger Abend, den das gut gefüllte Haus mit viel Applaus quittierte (tv)




Fotos: © Marion Bührle