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Oper go home?
Von Thomas Vitzthum
"Wenn wir selbst nicht an das glauben, was wir sehen, warum sollten wir
es Ihnen dann zeigen?" Sprach Intendant Wulf Konold vor den lichten Reihen
des Nürnberger Opernhauses und gestand damit das Scheitern der Neuinszenierung
von Schauspieldirektor Klaus Kusenberg ein. "Halbszenisch" hieß die sinnvolle
Losung, mit all ihren requisitenlosen, bühnenbildleeren und kostümfreien,
mithin ermüdenden Aussichten. Die Sänger inszenierten ein teils subtiles
Gestenspiel, das selten verlegen wirkte.
Wie gern hätte man Dimitris Tiliakos in einer fertigen Inszenierung erlebt.
Sein Don Giovanni strotzte vor Lebendigkeit, Raffinesse und Überlegenheit.
Die Kollegen machte er zu Komparsen seines Vergnügens. Wann hat man das
Verschwinden des Wüstlings am Ende je als solchen Verlust empfunden? Tiliakos
war auch sängerisch herausragend. Er hat die Gabe, den Text zu deuten
wie ein Liedsänger. Mit seiner klaren, tragenden, nimmermüden Baritonstimme
gestaltet er nicht nur Phrasen, sondern auch Worte, ohne den Zusammenhang
zu zerkleinern. Ihm zur Seite stand mit Bernd Hofmann ein buchhalterisch
wirkender Leporello, dessen volle, starke Stimme leider keinen Schalk
hören ließ. Neben den guten Leistungen Nikolai Schukoffs (Don Ottavio)
und Song-Hu Lius (Masetto) blieben die Damen des Abends stimmlich blass.
Rebecca Martin war als Donna Elvira mit forcierter Stimme die allzu bärbeißig
schmachtende Rächerin, Carole Fitz Patrick alias Donna Anna dagegen klang
im Piano ziemlich hauchig. Mit schöner runder Tongebung, im Ansatz aber
leicht intonationsschwach sang Evgenia Grekova als Zerlina.
Howard Arman bewies am Hammerklavier Sinn für Humor. Wie er Mendelssohns
Hochzeitsmarsch und Paulchen Panther in die Rezitative einfließen ließ
war köstlich. Seine Leitung bevorzugte schnelle Tempi, mit denen die Bühne
nicht immer synchron ging.
Das Publikum klatschte dem Unfertigen begeistert Beifall. Eine Dame meinte
anschließend: "So eine Inszenierung stört eh nur den Gesang." Oper go
home!? |
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