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Fakten zur Aufführung 

DON GIOVANNI
(Wolfgang Amadeus Mozart)
20. Mai 2009
(Premiere: 15. Mai 2009)

Theater Nordhausen


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Ein Casanova auf Abruf

Unersättlich ist er, dieser Don Giovanni, der nichts mehr will als die Liste der von ihm verführten Damen unablässig zu verlängern. In Spanien sind es inzwischen „Mille e tre“ - Eintausendunddrei. Aber jetzt, auf einmal, scheint es nicht weiter zu gehen. Jedenfalls bekommt Don Giovannis leuchtend weiße Kleidung blutrote Flecken. Flecken, die zunehmend größer werden. Und man fragt sich im Nachhinein: wie kommen die dorthin, wer hat sie ihm beigebracht? Da gibt es nur eine Möglichkeit: es war der Komtur, der bei der Verteidigung seiner Tochter Donna Anna dem rauen Weiberheld eine Verwundung beigebracht hat. Er selbst wurde von Don Giovanni niedergestreckt und liegt fortan - auf dem Friedhof.

Ein Casanova auf Abruf also, dieser Don Giovanni. Je später der Abend, desto größer seine blutrote Wunde als Symbol für den bevorstehenden Niedergang. Das wird erst ganz allmählich augenfällig.

Im Großen und Ganzen erzählt Regisseurin Kerstin Weiß Mozarts und da Pontes Meisteroper ziemlich unspektakulär. Das Personal auf der Bühne: allesamt Typen, die entsprechend agieren. Ein Eroberer, eine Betrogene, eine schnell mal Verführte, ihr düpierter Verlobter, (Letzteres mal zwei). Weiß schildert deren Beziehungen zueinander in greifbaren Bildern. Das ist völlig in Ordnung, doch ein wenig mehr an Theatralik, an Bewegung, an Ausdruck dramatischer Handlung hätte dieser Inszenierung durchaus noch mehr Wirkung verschafft. Ein paar Möglichkeiten werden verschenkt. Eine davon ist das Fest der Bauern, die Hochzeit von Zerlina und Masetto feiernd. Es ist ein Fest scheinbar unbeweglicher Wachsfiguren. Das Tempo, das Mozarts Musik hier vorgibt, findet wenig Entsprechung auf der Bühne.

Gesungen wird gut: die beiden weiblichen Hauptrollen Donna Anna (Sabine Blanchard) und Donna Elvira (Anja Daniela Wagner) mischen jeweils viel Metall in ihre Stimmen. Sabine Blanchard dreht gewaltig auf und stellt die Elvira deutlich in den Schatten. Marcos Liesenberg als Don Ottavio hat eine schöne, gleichmäßige Stimme, die auch gut mit Koloraturen umgehen kann. Im Ausdruck darf er durchaus noch etwas „erwachsener“ werden, sprich: das brav Naive seiner Stimme ablegen. Sein stimmliches Material verspricht vieles.

Abraham Singer als Leporello bedient die ganze Bandbreite dessen, was seine Rolle ihm abverlangt. Der devote Diener steh ihm ebenso gut wie der genervte Adlatus, der keinen Bock mehr darauf hat, seinem Herrn den Wachhund zu geben. Sein sonorer präsenter Bariton zeigt sich da von seiner besten Seite. Demgegenüber fällt Gavin Taylors Don Giovanni ein klein wenig ab. Etwas zu schmal wirkt seine Stimme. Die Artikulation der Sprache geschieht zu weit hinten im Hals, als dass seine Worte verständlich über die Rampe kämen.

Ein wunderschönes Pärchen bilden Sandra Schütt und Ji-Su Park in den Rollen von Zerlina und Masetto. Rollentypisch geradezu ideal besetzt, singen sie mit jugendlichem Schwung! André Eckert ist als Komtur weniger Racheengel als lebensweiser Alter.

Markus L. Frank wählt mit seinem Loh-Orchester Sondershausen durchweg eher gemessene Tempi, die bisweilen ein wenig mozartisches Ungestüm vermissen lassen. Dennoch: das Orchester hinterlässt einen rundum erfreulichen Eindruck.

Das Nordhäuser Publikum erlebt die erste Repertoirevorstellung nach der Premiere. An einem Mittwochnachmittag um 15 Uhr! Die Menschen – viele ältere, einige junge - kommen, sind zur Stelle, füllen reichlich Parkett und Ränge - und fühlen sich in ihrem Theater ganz offensichtlich so wohl wie daheim in der guten Stube.

Christoph Schulte im Walde

 








 
Fotos: Roland Obst