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Fakten zur Aufführung 

DON GIOVANNI
(Wolfgang Amadeus Mozart)
23. Juli 2009 (Premiere)

Oper.Oder.Spree
Kloster Neuzelle


Points of Honor                      

Musik

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Der Dauerverführer im Klosterhof

Wäscheklammern sind fast das wichtigste Requisit für Opern im Freien. Wer die vergißt, um die Notenblätter am Pult zu halten, kommt im windigen Sommerabend in gehörige Schwierigkeiten. Nur beherztes Handauflegen des Viola-Kollegen auf die flatternden Blätter rettet die Violinistin vor fast noch schlimmeren Abstürzen als den Titelhelden im Don Giovanni bei der Premiere im kleinen Geviert des Kreuzhofes von Kloster Neuzelle. Rund 100 Kilometer südöstlich von Berlin, direkt an der polnischen Grenze, hat sich mit dem Spielort in der barocken  Klosteranlage seit kapp zehn Jahren ein regionales Sommerfestival für talentierte Nachwuchssänger fest etabliert. Die acht Aufführungen der Mozart-Oper sind fast ausverkauft.

Ungeachtet der naturgemäß begrenzten Gestaltungsmöglichkeiten - die Bühne ist ein gestuftes Podest vor der Innenfassade des Kreuzhofes, deren Erker und Fenster in die Szene einbezogen werden - gelingt Regisseurin Anke Rauthmann ein ansprechendes, mit Pfiff und Witz locker inszeniertes Spiel um den Lebemann und Dauerverführer Don Juan fernab aller oftmals belastenden und schwerfälligen traditionellen Opernroutine. Manche Klischees werden durchaus aufgenommen, aber dann gekonnt ironisch gebrochen, ohne die Stimmung zu beschädigen. So darf Don Ottavio eine seiner Schmacht-Arien wie im Konzert vor einem alten Rundfunk-Mikrofon singen, bei den Tänzen während des Schlossfestes - als türkischer Abend mit Wasserpfeife - karikieren die Solisten Versatzstücke aus der Disco- oder Partynacht. Die Kostüme (Britta Blanke), angelehnt an die Mode der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts, fügen sich nahtlos passend in diese etwas dekadent anrüchige Bar-Atmosphäre. Die meist noch jungen Darsteller lassen durch ihr intensives, engagiertes und überaus bewegliches Spiel die eingeschränkte Bühne fast vergessen und manchen mit allerlei Technik und Bühnenzauber überfrachteten und leer laufenden Opernabend im normalen Betrieb weit hinter sich. Dieser so sinnfällige Vorteil des Nachwuchses zeigte sich auch bei den noch jungen Stimmen. Das klingt bei allen Solisten so frisch und unverbraucht, wie in dieser Menge und Ausgewogenheit selten zu hören. Und sie singen alle mit bemerkenswert klarer Artikulation und Intonation, so dass der deutsch gesungene Text gut zu verstehen ist. Da es eben noch junge, ausbaufähige Stimmen sind, ist ihr Gewicht und ihre Tragfähigkeit mitunter begrenzt. Aus dem homogenen Ensemble sticht keiner besonders hervor, gibt es aber auch keinen schwächeren Part. Felix Bruder ist - in seiner ersten großen Opernrolle - ein eleganter Don Giovanni, dem man den Lebemann gerne abnimmt. Seinen etwas täppischen Diener Leporello weiß Ezra Jung überzeugend zu gestalten, genauso wie Maren Elisabeth Kroll mit schon recht gewichtiger Stimme die Donna Elvira. Die Donna Anna von Daniela Zanger hat ihre stärksten Momente als Rächerin ihres von Don Giovanni ermordeten Vaters. Als ihr Bräutigam Ottavio ist der leichte lyrische Tenor Christoph Rosenbaum am Rachefeldzug beteiligt. Elisa Fenner gibt als feine Soubrette die Zerlina und Andrew Young verfügt in der Doppelrolle als Masetto und Komtur sicher über die schon gefestigte Stimme.

Das Orchester kommt von der Oper im bulgarischen Plovdiv. Im Gegensatz zum munteren Spiel der Solisten gelang dem Dirigenten Ulrich Manfred Metzger das musikalische Feuer weniger. Trotz kleiner Kammerbesetzung wollte der Ton nicht richtig zünden. Was vielleicht auch an der seitlichen Platzierung der Musiker, zum Teil verdeckt hinter einem Erker, liegen mag.

Das Publikum aus der Region Lausitz ließ sich auch durch gelegentliches Schwalben-Gezwitscher oder Tauben-Gurren nicht in seiner Konzentration beeinträchtigen und bedachte alle Beteiligten mit lebhaftem Beifall.

Axel Göritz