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Fakten zur Aufführung 

ZARATHUSTRA
(Jonathan Meese/Wolfram Wuttke)
18. August 2006
(Premiere: 11.8.06)

Stiftung Schloss Neuhardenberg/
Schlosspark Neuhardenberg

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Nichts ist wahr

In der klassizistischen Kunst-Natur von Preußens Schloss Neuhardenberg treffen Jonathan Meeses Objekte - an Max Ernst erinnernd – mit irritierendem Witz auf die Doppelgänger Zarathustras. Vom „Nichts ist wahr“ bis zum Finale „Alle Last will Ewigkeit“ durchwandern die transvestischen Figuren Land und Wasser; Höhepunkt die zauberhaft stilisierte Hochzeit vor klassischer Theaterkulisse – dazu Brot, Gurken, Soleier. Das Publikum folgt vom ersten Schauplatz am See in den „Theaterwald“ und zurück. Nietzsches Vorstellungen der Möglichkeiten von Kunst als Widerpart der brutal-konkreten Wahrheit wird meta-kommunikativ sinnlich erfahrbar – erhellend, aber auch kryptisch.

Große Teile des eitlen Publikums haben offenbar Schwierigkeiten, sich der Dialektik vom intellektuellen Anspruch und sinnlicher Provokation hinzugeben. Da ist die sprachlose Döner-Kauerin; da ist das liebevolle Paar mit quäkendem Säugling; das sind die Weintrinker, denen der Säuregehalt des Rieslings zum Problem wird; da ist der Typ, der „alles mitnimmt“; da ist die Blondine, deren Gesichtszüge sich ob selbsterkannter Defizite im Verstehen nicht reduzierter Komplexitäten verzerren; da ist der Alleskenner, der den Nachbarn sie Sache erklärt – und da sind die gläubig Verzückten, aber auch die in sich gekehrten Nachdenklichen. Ein Konglomerat kommunikativer Möglichkeiten, dem Sujet angemessen!

Jonathan Meese macht aus der Schinkelschen Schlosslandschaft einen neudefinierten Theaterraum mit skurrilen Figuren , bietet optische Reize in faszinierender Vielfalt und verliert die Zarathustra-Idee niemals aus den Augen!

Wolfram Wuttke deklamiert, schreit, monologisiert, plaudert, flattert über die Wiesen, engagiert sich als ultimative Kunstfigur – dabei gelungen assistiert von Jonathan Meese; die „Gestalten sind unterwegs“!

Jan Czajkowski hat bisweilen Gelegenheit, seine Liszt-Interpretationen am Klavier vorzutragen – schade nur, dass dies bloß illustrierend bleibt; dabei hätte ein Blick in Nietzsches „Musiktheorie“ enorm erkenntnisrelevant sein können. Aber der Weg zum „neuen Musiktheater“ ist offenbar noch lang. Doch in Neuhardenberg ist nach Schlingensiefs „Parzival“ von 2005 ein nicht zu hoch einzuschätzendes Kraftzentrum im Entstehen. (frs)