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Fakten zur Aufführung 

RIGOLETTO
(Giuseppe Verdi)
25. Oktober 2009 (Premiere)

Städtische Bühnen Münster


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Rasende Wut und tiefe Verzweiflung

Jaco Venter ist ein zutiefst gespaltener Rigoletto – hin- und hergerissen zwischen seinem Beruf und dem stillen, abgeschotteten Familienglück mit seiner Tochter. Liebender Vater und geifernder Hofnarr, der seine Späße auf Kosten der anderen macht – eine Mischung, deren Gleichgewicht aus den Fugen gerät und in der Katastrophe endet. Regisseur Andreas Baesler hat in Venter einen großartigen Rigoletto, der mit seiner kraftvollen, nuancenreichen Stimme jede Facette dieses Charakters ausleuchtet und nicht auf balsamischen Schöngesang, sondern ganz auf Ausdruck setzt.

Rigolettos Zwiespalt wird durch einen Schminktisch ins Bild gesetzt, der seitlich auf der Vorbühne steht. Hier legt der Narr zur Ouvertüre seinen künstlichen Buckel an und streift seine Berufskleidung über. Auf dem Höhepunkt der ganzen Tragödie dann ist der Tisch der Ort, an dem Gilda sich auf ihr Opfer vorbereitet. Ein starkes Bild.

Ansonsten ist das, was Andreas Baesler und sein Team (Bühne: Hermann Feuchter, Kostüme: Henrike Bromber) zeigen, eher austauschbar und vor allem recht unzusammenhängend: gerahmt wird die Bühne von in Schwarz-Gelb gehaltenen vertikalen Baken wie an einer Baustelle; der Herzogspalast mit Tapeten und hohen Räumen erinnert an die Machtzentrale eines mittel- oder südamerikanischen Diktators der 60er- oder 70er-Jahre; in Gildas fensterlosem Jungmädchenzimmer steht nichts außer einem Bett und putzige überdimensionale Teddybären, die sich als Lampen entpuppen; das Reich des Sparafucile ist im Rotlichtmilieu angesiedelt. Er betreibt anscheinend auch ein Kinobetrieb, zumindest verlegt Andreas Baesler den Mord an Gilda dorthin: in einen Kinosaal, von dem aus der Blick auf die Bluttag fällt. Dies alles eine Menge von Einzelszenen, die teilweise schön anzusehen waren - aber kein durchgängiges Konzept liefern. Schön die Musikbox aus den 50er-Jahren, aus der die Begleitung zu „La donna è mobile...“ trällert (und nach der Generalpause erst nach einem gezielten Tritt des Duca wieder in Gang kommmt...); überflüssig hingegen die Bierkästen, die zur Zeit landauf und landab über alle Opernbühnen der Republik getragen werden. Auch die menetekelartigen Überschriften auf dem Vorhang vor jedem Akt sind nicht (mehr) besonders originell.

Sehr gut aufgelegt zeigt sich das Ensemble in Münster. Angeführt vom grandiosen Jaco Venter entwickeln alle eine große Freude an dieser Produktion. Angefangen vom Herrenchor (Einstudierung: Donka Miteva), der einfach nur prima sang, sind auch die kleinen Rollen sehr gut besetzt: Das gilt für die Höflinge (Julian Schulzki, Fritz Steinbacher und Frank Göbel), ebenso auch für Lars Hübel (Gerichtsdiener), Megumi Nanda (Page) und Christina Holzinger (Gräfin Ceprano). Gravitätisch und geldgierig die Erzieherin Giovanna (Suzanne McLeod), müde und gebeugt der Monterone (Peter Kovacs). Dunkel und verführerisch ist Judith Gennrich als Maddalena, während Plamen Hidjov einen abgebrühten, alternden Sparafucile zeichnet. Henrike Jacobs’ Gilda glänzt vor allem in den Duetten mit Rigoletto, singt koloratursicher, hat aber einige unschöne Härten in der hohen Lage. Andrea Shin als Duca singt zu Beginn leicht ängstlich mit dem Ergebnis, dass sein Tenor gedrückt wirkt. Er erweist sich aber im Verlauf des Abends als konditionsstark und höhensicher. Mit der Tessitura seiner Rolle hat er keine Probleme.

Thorsten Schmid-Kapfenburg leitet das Sinfonieorchester Münster nach etwas nervösem Beginn sehr sicher und trägt mit zum Erfolg dieser Produktion bei, wählt allerdings mitunter zu gemächliche Tempi. Gleichwohl kann er aufdrehen und unglaublich dramatische Funken aus der Partitur schlagen – exemplarisch im 2. Akt, als Rigoletto in völliger Verzweiflung den Entführern klar macht, dass sie es mit seiner Tochter zu tun haben!

Das Publikum feiert diesen Opernabend zu Recht mit schäumendem Beifall. Völlig unverständlich, ja geradezu unverschämt nehmen sich die vereinzelten und sehr isoliert dastehenden Buhs für den Dirigenten aus.

Christoph Schulte im Walde

 






 
Fotos: Michael Hörnschemeyer