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Fakten zur Aufführung 

DIE SCHÖNE HELENA
(Jacques Offenbach)
28. November 2009 (Premiere)

Städtische Bühnen Münster


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Viel für die Augen

Jacques Offenbach ist ein tiefsinniger Beobachter seiner Zeit – hält seinen Mitmenschen einen Spiegel vor. Das tut er nie gnadenlos, sondern immer mit einem liebevollen Zwinkern in den Augenwinkeln. Weshalb er auch einfach immer wieder die Antike herbei zitiert, um sein spöttisches Amusement nicht zu prall auf „die armen Sünder“ niederregnen zu lassen.
Münsters Intendant Wolfgang Quetes kennt Offenbach und mag ihn – das ist aller Ehren wert. Denn Offenbach hat es in der Tat verdient, auch mit seinen Operetten überall auf dem Spielplan zu stehen.
Dennoch gelingt es Quetes nicht, Offenbachs Meisterwerk Die schöne Helena zu entstauben. Und das begründet sich vor allem in zwei Aspekten. Quetes schafft zwar vorgeblich ein reges, quirliges Treiben auf der Bühne, doch erschöpft sich das in Stereotypen wie vor allem den ständig wiederkehrenden Polonäsen, die die ganze Operette letztlich wie eine Offenbach-Parodie wirken lassen. Wirklich störend sind aber die recht ausufernden Dialoge, die den Fluss der Handlung mitunter ganz zum Erliegen bringen. Hier wäre weniger mehr - denn Offenbachs quicklebendige Helena braucht pointierten Wortwitz und kann auf erklärende Worte zur griechischen Mythologie gut verzichten. Diskussionswürdig ist sicher auch die Tatsache, dass auf deutsch gesungen wird. Sollte man in Zeiten überall installierter Übertitelanlagen nicht dazu übergehen, in der Sprache zu singen, die komponiert wurde? Besonders auch dann, wenn das singende Personal zum großen Teil nicht textverständlich ist? Mal ehrlich: „L’homme à la pomme“ klingt doch unglaublich lautmalerische als „Er ist der Apfelprinz“.
Zu sehen gibt es viel in Münster. Karin Fritz’ goldschwarze Bühne ist eine Augenweide, genau wie ihre wunderbaren, abwechslungsreichen Kostüme. Imponierend ist ihre detailreiche Ausstattung der Strandszene im dritten Akt. Auch ihr fescher Prinz Paris im engen alpenländischen Sennerkostüm ist knusprig anzuschauen.
Hendrik Vestmann und das Sinfonieorchester Münster kitzeln die kleinen, feinen Petit Fours aus der Partitur und charakterisieren das Werk mal feinperlig, mal überschäumend – eine prima Leistung.
Die bietet auch der Chor, mal betend im Jupitertempel, mal voll überbordender Strandfreuden. Donka Miteva leistet in Münster gute Chorarbeit.
Spielfreudig auch die Solisten: die Freudenmädchen Brigitte Zauner und Arabella Noh, die geistig eher minderbemittelten griechischen Könige Peter Jahreis, Mario Brell, Donald Rutherford und Thomas Stückemann – besonders aber Benjamin Kradolfer Roth als gehörnter Menelaos ist eine herrliche Karikatur des schwachen Ehemanns.
Auch Wolf-Dieter Kabler als korrupter Oberpriester Kalchas ist ein Volltreffer, wie auch Judith Gennrich als Orest, die rundum überzeugte.
Annette Johansson in der Titelpartie bot eine schöne Höhe, ihr mangelt es allerdings an Fundament, während Fritz Steinbacher seinen Tenor fast mühelos durch die schwere Partie steuerte.
Das Publikum bedachte alle Akteure mit freundlichem Beifall.

Thomas Hilgemeier








 
Fotos: Michael Hörnschemeyer