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Fakten zur Aufführung 

DES ESELS SCHATTEN
(Richard Strauss)
28. März 2008 (Premiere)

Städtische Bühnen Münster


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Was kostet der Schatten?

Die Rechtsanwälte tragen Toga, und die gemeinen Bürger von Abdera sind in antike Gewänder gehüllt. Auch die Arkaden auf der Bühne sehen aus wie vor zweitausend Jahren. Doch die Geschichte, die sich im Kleinen Haus der Städtischen Bühnen in Münster abspielt, ist durch und durch eine von heute: „Des Esels Schatten“. Das klingt nach Satire.

Der greise Richard Strauss hatte da etwas für die Jugend geschaffen: ein Singspiel nach Christoph Martin Wielands Romanvorlage „Geschichte der Abderiten“, aufzuführen von jener Obertertia oder Untersecunda, in der Strauss’ Enkel Christian unterrichtet wurde. Das war so gegen 1949. Jetzt steht „Des Esels Schatten“ im Zentrum des Theaterjugendorchesterprojektes – und feierte mit sensationellem Erfolg seine Premiere. Rauschender Beifall für 75 höchst unterhaltsame Minuten, in denen es um eine völlig hanebüchene Angelegenheit geht.

Schilda lässt grüßen: darf Medicus Struthion (von Julian Schulzki sonor artikuliert) sich in den Schatten jenes Esels legen, den Antrax, der Besitzer des Tiers (Thomas Stückemann) durch die sengende Hitze der Wüste treibt? Oder kostet die Nutzung dieses Schattens extra Miete? Keine Einigung in Sicht, das Gericht wird bemüht, Philippides, der Unparteiische muss her.

Aber in Abdera geht es zu wie im ganz normalen Leben. Die Juristen reden Fachchinesisch, die Streithähne versuchen, für ihre Positionen eine je eigene Lobby aufzubauen – was natürlich gelingt. Zum Beispiel mit der attraktiven, wenngleich dummen Göre Gorgo, Tochter des Eseltreibers (herrlich infantil: Annette Johansson). Resultat: Abdera ist in zwei Lager geteilt, die Diskussionen sind heftig, Richter Philippides (wunderbar eitel: Jaroslaw Sielicki) sitzt zwischen allen Stühlen.

Das Problem indes löst sich ganz am Ende fast wie von selbst - und zwar tragisch: der Esel, zwischenzeitlich in kommunale, sprich: abderitische Obhut genommen und dort wohl vergessen worden, wird tot herbeigetragen. Der Gegenstand des Prozesses - perdu! Irgendwie sind alle erleichtert.

Viele zauberhafte Gags sind Markus Kopf und seinem Regieteam für Strauss’ süffisante und höchst aktuell wirkende Satire eingefallen. Köstlich etwa die Liga der Frösche, die untergründig ein Quak-Konzert vom Jugendorchester bekommt. Gespielt wird in flottem Tempo, und das nicht nur auf der Bühne. Das Orchester – es präsentiert zum achten Mal sein Projekt – hat ein absolut passendes Stück gefunden, Peter Meiser dirigiert die jungen Akteure und entlockt ihnen Präzision, höchste Konzentration – und einen Strauss-Klang, der immer wieder überraschend nach Richard Wagner klingt. Und mit dem Einsatz von Opernchor und Mitgliedern des Schauspiel-Ensembles wird auch diesmal wieder der Sparten übergreifende Aspekt betont.

Zur Erinnerung: das münstersche Theaterjugendorchesterprojekt, 2000 ins Leben gerufen, bietet jungen Instrumentalisten die Möglichkeit, ganz reales Theaterleben im Orchestergraben zu erfahren. Mit allem, was vor und nach der Premiere dazugehört. Diesmal sogar auch ein vokaler Premierenausfall: Kim Schrader sang den Antrax vom Bühnenrand aus, während der erkältete Thomas Stückemann stumm seine Rolle spielte. Auch das funktionierte fabelhaft.

Das Theaterjugendorchesterprojekt ist von Anfang an ein fester Bestandteil des münsterschen Opernspielplans – und wird inzwischen als "Exportprodukt" auch vom Staatstheater Kassel kopiert.

Christoph Schulte im Walde

 








Fotos: Michael Hörnschemeyer