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Fakten zur Aufführung 

LE NOZZE DI FIGARO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
14. Juli 2010

Münchner Opernfestspiele


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Hohes Niveau

Das Publikum war eindrucksvoller Zeuge und Beweis gleichzeitig: Mozarts Le nozze di Figaro funktioniert auch heute noch, wenn man die Oper in ihrer Zeit lässt. Dieter Dorns Inszenierung, vor dreizehn Jahren im Nationaltheater München angekommen, davor als kleines Kammerspiel bei den Festspielen in Ludwigsburg zu sehen, kommt ohne Aktualisierungen und Mätzchen aus. Der Raum mit drei Türen (Jürgen Rose) bleibt für jeden Akt bestehen, wird aber durch andere Möbel dezent umgestaltet. Das Verwirrungsspiel des viertes Aktes schließlich findet im grellen Weiß statt und die Figuren tarnen sich hinter Tüchern und durchsichtigen Wänden.

Sicher hat Dorns Personenführung nicht mehr ganz die Dichte aus Ludwigsburg, wo sich die Oper sehr viel ernster präsentierte. Davon ist in München nicht viel zu sehen, aber immerhin schrammt der gräfliche Ehestreit noch fast an Handgreiflichkeiten vorbei. Insgesamt bekommt das Publikum wirklich eine opera buffa zu sehen, die Da Pontes Witz auf der Übertitelanlage mitliest und ihn ausgespielt auf der Bühne zu sehen bekommt. So darf wirklich viel gelacht werden, was das Publikum auch ausgiebig tut. Das Versteckspiel von Cherubino und Graf Almaviva hinter dem Sessel, der stotternde Richter Don Curzio oder der herein trampelnde Gärtner Antonio – all das funktioniert auch ohne drastische Aktualisierungen.

Aber natürlich funktionieren diese Pointen, weil ein spielfreudiges, festspielreifes Ensemble dieses Theater gerne mitmacht. Allen voran Anna Bonitatibus als Cherubino, die wirklich wie ein rastloser Schmetterling über die Bühne flatterte und mit sinnlichem Timbre das Publikum mühelos um den Finger wickelte. Beide Arien wurden zu einem Ereignis, auch wenn man „Voi che sapete“ durchaus mit weniger Verzierungen singen kann. Daneben enttäuschte auch Ildebrando D'Arcangelo nicht, der mit seinem gut durchgebildeten, bronzenem Bass einen idealen Figaro gab und seine Arien erstklassig servierte. Mit Mariusz Kwiecien hatte er als Graf Almaviva einen würdigen Gegenspieler. Kwiecien war mit virilem Timbre ein glaubhafter Schürzenjäger, der sich vergeblich darum bemühte seine gräfliche Autorität durchzusetzen.

Barbara Frittoli war eine berührende Gräfin, der man lediglich in den vibratoreichen Höhen die (verfrühten?) Ausflüge ins Verdi-Fach anhörte. Zusammen mit der lieblichen, zuweilen etwas leisen Camilla Tilling, die sich als ausgezeichnete Duett-Partnerin entpuppte, war ihr „Canzonetta sull' aria“ ein großer Genuss. Donato Di Stefano und Heike Grötzinger als Bartolo und Marcellina, die beiden Tenöre Ulrich Reß und Kevin Conners sowie Evgeniya Sotnikova als Barbarina waren würdige, wenn auch nicht ganz auf diesem Niveau agierende Comprimarii. Urgestein Alfred Kuhn ist als Antonio auch ohne eine taufrische Stimme immer noch ein Ereignis.

Das Bayrische Staatsorchester lieferte ein wunderbar detailliertes Spiel unter der Leitung von Jurai Valcuha ab. Der setzte nicht nur auf Geschwindigkeit sondern vielmehr auf dynamische Feinheiten und überraschte zum Beispiel mit einem wirklich im leisesten Pianissimo geflüsterten Duett zwischen Susanna und Cherubino („Aprite, presto, aprite“). In den Finali zog er Lautstärke und Tempi etwas an, etwas mehr Sogkraft wäre wünschenswert gewesen, allerdings wurden dadurch noch mehr kleine Unsicherheiten in den Einsätzen vermieden als dies ohnehin in den Ensembles der Fall war. Auch der sonst so sichere und souveräne Chor der Bayrischen Staatsoper hatte in seinem kurzen Part damit einige Probleme.

Insgesamt eine Aufführung auf einem hohen Niveau – sowohl in der Musik, als auch in den Karten-Preisen.

Christoph Broermann