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Lockere Anachronismen
Von Franz R. Stuke
Lortzings überbordende Angebote an Musik und Handlungsmotiven greifen
Lorenzo Fioroni (Konzept), Benedikt Borrmann (Einstudierung), Natascha
von Steiger (Bühne) und Annette Riedel (Kostüme) mit großer Lust auf:
da wird an keiner Kaufmannskogge gebastelt, da werkeln Handwerksburschen
an einem Hotelbau; da ist Marie eine selbstbewusste junge Frau; da prallen
Alltagswelt und Machtsphäre der beiden Peter aufeinander, da steht der
umtriebige van Bett zwischen Provinznest und großer Politik; da feiern
Handwerker und Bürger sich selbst - das alles fröhlich-anachronistisch
mit vielen postmodernen Gags und konterkarierenden Accesoires.
Musikalisch bleibt das Münsteraner Symphonieorchester unter Christian
Voß hinter dem turbulenten Bühnengeschehen zurück: aus dem Graben klingt's
gepflegt harmonisch, ein wenig zu seriös.
Das Ensemble beweist Lust am parodierenden Spiel archetypischer Figuren:
Radoslaw Wielgus als durchaus machtbewusster "Zar", der sich im eingespielten
Film (von wem gedreht?) als kiffender Showstar auf dem Rückflug nach Moskau
entpuppt, Silke Evers als attraktives Objekt der Begierde, Andre Eckert
als Politiker-Karikatur; und Mineo Nagata als japanischer Gesandter, der
eine Strophe des "flandisch Mädchen" eben nicht als Chateauneu auf japanisch
singt. Doch gerät die sängerische Virtuosität ein wenig schwächer als
die darstellerische Brillanz.
Das eher bräsige Publikum in Münster akzeptiert im vollbesetzten Haus
die "angenehmen Stunden", doch nur eine animierte Minderheit sorgt für
angemessenen Jubel beim Schlussapplaus.
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