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Es ist nicht die Heroisierung der
Zivilcourage, die in Udo Zimmermanns epochalem Werk Ausdruck findet, es
sind die Todesängste der Geschwister Scholl, die existentiellen Gefühle
von Befreiung, Ohnmacht, Euphorie und Hoffnung in der Todeszelle. So entsteht
das Hohelied eines geopferten Lebens und damit die aufwühlende Anklage
gegen die Unmenschlichkeit. In Münster erlebt das Stück eine hocheindrucksvolle
Aufführung, die von der klug akzentuierten Personenregie Benedikt Borrmanns,
der Bühnenmetapher (gebrochene Säulen) von Pia Oertel und der komprimierenden
Dramaturgie André Meyers die Voraussetzungen für die engagierte Interpretation
bietet:
Dirk Kaftan - ab 2001 in Bielefeld - dirigiert die stählerne Musik Zimmermanns
mit stupendem Einführungsvermögen, die Mitglieder des Symphonieorchesters
Münster leisten Großartiges mit höchster Kompetenz.
Radoslaw Wielgus singt und spielt den eher resignativen Bruder als Kontrapunkt
zu der emotionalen Sophie. Was Anke Krabbe in dieser Rolle aufbietet,
grenzt ans Nie-Gehörte: was diese junge begnadete Sängerin an Verzweiflung,
Euphorie, intensivem Gebet, versuchtem Widerstand, Erschöpfung und Ergebenheit
in die tödliche Qual zu Gesang werden lässt, ist von solcher Intensität,
dass sich diesem Furor kein Zuhörer entziehen kann.
Das Publikum zögerte lange mit dem Beifall, betäubt von der miterlittenen
Dramatik; dann nicht enden wollender Applaus. Es war sicherlich der dichteste
Theaterabend, den Münster je erlebte; und es war die einzige Opernaufführung
im Dezember 2000!!!. Diese eigenwillige Spielplangestaltung verprellt
ein treues Publikum und verbannt Münster dahin, wo es steht: ins Abseits.
(frs) |
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